Face Music - Archaelogy - Eurasia & Central Asia


Archäologische Funde der Steppenkulturen
– aus dem eurasischen und zentralasiatischen Raum




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P & C December 1998
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Lebensformen, Kunsthandwerk und Ornamentik
Bronzezeit: bis 1200 v. Chr. und Eisenzeit: 1200 bis 1000 v. Chr.
in German

Begräbnisfunde lassen soziale, politische, wirtschaftliche und religiöse Systeme erkennen. Um andere Erklärungen für Hügelbestattungen zu finden, war es aber notwendig, die Diskussion weiterhin offen zu halten. Archäologische Forschungen über Steppenkulturen aus dem eurasischen und zentralasiatischen Raum der späten Bronze- und frühen Eisenzeit haben zu erkennen gegeben, wie Völker damals in den Steppen als Halbnomaden und Nomaden lebten. Ausgrabungen in den Steppen der nördlichen Schwarzmeerküste werden heute den skythischen Siedlungen zugeordnet. Gut erhaltene Hügelbestattungen wurden am Wolga-Don-Fluss und im Transural gefunden. Diese werden sauromatischen Siedlungen eines späteren Zeitraums zugeordnet, die mit den damaligen Sarmatensiedlungen in Verbindung stehen.

- Karten: Wolga-Don und Transural
Burial Eurasia

Zeittafel früher Reiternomaden:
– Kimmerer - Kimmerier: 8. und 7. Jahrhundert v. Chr.
– Skythen (Saken - Sauromaten - Massageten): 8. bis 3. Jahrhundert v. Chr.
– Sarmaten - Sauromaten: 6. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
  • Sauromaten: 6. bis 7. Jahrhundert v. Chr.
  • Frühe Sarmatenzeit: 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr.
  • Mittlere Sarmatenzeit: spätes 2. Jahrhundert v. Chr.
  • Späte Sarmatenzeit: 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
- weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden

Ethnografische Untersuchungen haben ergeben, dass sich in einer frühen Phase eine hierarchische Gesellschaft entwickelt hatte, die Unterschiede zwischen einer niedrigen und hohen sozialen Schicht aufwies, insbesondere im Hinblick auf Rituale, Werte und Lebensweisen. Unter solchen Bedingungen entstanden in diesen Regionen Gebrauchsgegenstände mit repräsentativem und symbolischem Status, deren Herkunft zunächst noch erkennbar war. Doch diese ursprünglichen Formen veränderten sich im Laufe der Zeit. Rituelle Phänomene, darunter auch Kunsthandwerk und Bestattungsriten, hatten neue symbolische Bedeutungen bekommen. Eine sich ändernde, prestigeträchtige Oberschicht prägte deren besonderen Charakter innerhalb solcher Gemeinschaften. Mit der Ankunft oder einem gewaltsamen Eindringen von solchen Eliteschichten wird eine Sub-Sozialkultur umgeformt. Grabfunde bestätigen, dass es anfänglich eine Elite aus der selben Ethnik mit inter-ethnischen Kontakten gab. Mit zunehmender Gewalt oder militärischen Eingriffen in solche sozialen Gemeinschaften häuften sich Führungswechsel und die Entstehung neuer Herrschftsansprüche. Diese Veränderungen lassen sich an prestigeträchtigen Zeichen und Attributen der materiellen und geistigen Kultur erkennen, Kunsthandwerk und Bestattungsrituale befanden sich in einer stetigen Veränderung. Sie entwickelten symbolische und religiöse Prestigeobjekte mit unterschiedlichen Stilen, die überregional an Bedeutung gewannen, wie zum Beispiel der „Animal Style“ (Tierstil - siehe mehr Informationen).

Beziehungen zwischen Waldsteppensiedlern, Steppenbewohnern und sowohl sesshaften als auch nomadischen Stämmen sind dadurch belegt, dass sie die gleichen anthropomorphen Skulpturen (menschliche Gottesdarstellungen), vorchristlichen Felszeichnungen (Petroglyphen) und Schädelöffnungen (Trepanationen) für kultische und religiöse Rituale und bei Leichenbestattungen einsetzten. So wurden damals auch Textilien für Kleidung und zum täglichen Gebrauch, praktische Gegenstände und Werkzeuge für Haus und Handwerk sowie metallische Luxusausstattungen und Schmuck überregional gehandelt. Sie beinhalteten jedoch ähnliche ikonografische Motive, die jeweils den unterschiedlichsten Regionen zugeordnet werden können. Es sind hingegen keine Übereinstimmungen bei Waffen, Kriegsausrüstungen, Streitwagen und Wagen mit aufgesetzten Motiven zu finden.

In der Schwarzmeerregion siedelte sich eine skythische Bevölkerung als komplette und komplexe eigenständige Kultur an, die als eine soziale und religiöse Gemeinschaft bezeichnet werden kann. Eine selbstständige sauromatische Bevölkerung besiedelte im 8. bis 7. Jahrhundert v. Chr. die Wolga-Ural-Region. Daher müsste eine Skythenkultur im zentralasiatischen Raum früher zu datieren sein. Die Diskussionen um archäologische Funde und Stätten von Kimmerersiedlungen, die in schriftlichen Quellen erwähnt werden, werden zunehmend intensiver. Europäische Archäologen sind der Ansicht, dass die Kimmerer und die vielfältigen vorskythischen Funde getrennt zu sehen sind. Nach Ausgrabungen von Bestattungen einer skythischen Bevölkerung in Kurganen im Altai, sind neue Diskussionen erwacht. In den Kurganen von Arzhan in Tuwa wurden Gegenstände gefunden, die grosse Ähnlichkeit mit den Gegenständen der Skythen zu Beginn des 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. aufweisen. Doch viele russische Archäologen glauben, dass diese Arzhan-Funde dem 7. oder gar 6. Jahrhundert v. Chr. zuzuordnen seien. Neuerdings haben Forscher eine chronologische Grundlage für eine Hypothese geschaffen, dass die Skythen ihren Ursprung in Zentralasien haben könnten. Sie haben postuliert, dass die Bildung sowohl der Skythen als auch der Saka-Kulturen nicht vor Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. stattgefunden haben dürfte.

Günstige geografische Bedingungen haben zur Entstehung von mobilen Formen von Hirtennomaden mit grossen Herden geführt, die in den Steppen zwischen der Pannonischen Tiefebene in Ungarn (auch Pannonisches Becken oder Karpatenbecken genannt - heute in Ungarn) und dem Gelben Meer (China) wanderten und eine Viehzucht mit ganzjähriger Weidung betrieben (siehe Steppenkarte und Pontische-Kaspische Steppe). Ende der Bronzezeit, fand eine solche Entwicklung in den Steppen statt, in denen erstmals neben Wagen nun auch Reiter zur Begleitung der Herden eingesetzt wurden. Eine neue Lebensform mit Hirtennomaden hat sich entwickelt, in denen ein Transportwagen (
siehe Planwagen) ihr bis dahin sesshaftes Leben veränderte. Ein bisheriges Halbnomadentum mit Winter und Sommerweiden blieb weiterhin bestehen. Diese ganzjährig Wanderung mit grossen Herden liess die Haltung von Winterfutterplätzen vergessen. Verlangt wurden plötzlich bequemere und leicht zu transportierende Haushalte mit Familie. So kamen zum ersten Mal Zelte in Gebrauch und Reiter rüsteten sich mit Waffen aus, die vorerst nur zur Jagd verwendet wurden. Einheiten, bestehend aus solchen neuen Lebensformen, wurden schnell zu einer ganzheitlichen Steppenkultur. Man förderte die Zucht von Pferden, Vieh und Schafen, wie auch dieses neue Nomadenleben, was auch Veränderungen im Kunsthandwerk zur Folge hatte. Diese überregionalen Verbindungen brachten Stämme aus anderen Ethnien zusammen. Stammesführer oder Häuptlinge wurden gewählt, eine militärisch-priesterliche Aristokratie geschaffen und neue soziale Schichten entwickelten sich. Ebenso entstanden Nomadengemeinschaften, die wiederum komplexe religiöse Systeme begründeten, die zu einer Regelung des täglichen Zusammenlebens, Bestattungsrituale, Symbole für die Reiter, Waffen und Werkzeug für den Alltagsgebrauch und Kunsthandwerk für rituelle Zeremonien führten. Beispiele hierfür lassen sich in Ausgrabungen in Grabhügeln in Arzhan, Besshatyr, Pazyryk, Salbyk, Issyk, etc finden. Hier entdeckte man Werkzeug und mit Ornamenten verziertes Kunsthandwerk, zunächst in einfacher Form aus Horn, oft auch als Plaques und später aus Bronze in prächtigen Tafeln mit schönen Reliefen, mit Motiven wie etwa einem Schneeleoparden. Gut erhaltene Funde aus dem Arzhan Kurgan in Tuwa sind heute im Museen zu betrachten. Ebenfalls zeugen Funde des Pazyryk Stil aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. von einer weit verbreiteten Verbindung und einem Austausch über damalige Handelsrouten (wie etwa heute die Seidenstrasse - topographische Karte – Seidenstrasse - Routen). Dies bestätigen auch Funde aus der Mongolei und Ungarn.

Nomaden begannen schon früh zu reiten und somit Reitgeschirr zu entwickeln. Drei Stufen in der Haltung und Entwicklung des Pferdes sind durch archäologische Funde belegt. Mitte bis Ende des zweiten Jahrtausends v. Chr. ist eine Nutzung als Zugpferd mit Wagen belegt. Funde im europäischen Raum belegen, dass dieser Wagen ursprünglich von Oxen gezogen wurde. In der Arzhan-Zeit, einer frühen Skythenperiode, wurde das Reiten mit Trense in Bronze und Kopfgeschirr in Leder eingeführt, wie Grabfunde in Tuwa dies belegen (11. bis 7. Jahrhundert v. Chr.), und es fanden erste Rituale mit Pferdebestattungen statt. In der Zeit der Pazyryk im Altai (7. bis 4. Jahrhundert v. Chr.) wurden Sattel und Zaumzeug reicher und komplexer ausgestattet. Pferde stammten aus turkmenischer Zucht (Akhal-Teke) und wurden von untergeordneten Ältesten zur Bestattung ihres Häuptlings als Beigabe geschenkt. Im Altai wurden herrliche Pferdegeschirrkollektionen entdeckt (
Pferde), die mit Bildern aus der indo-iranischen Mythologie dekoriert sind und mit dem Schamanismus in Verbindung stehen. Spuren in der Ikonografie dieser prächtigen Ausstattungen lassen die drei Welten der Nomaden erkennen: Oberwelt, normale Welt und Unterwelt. Am Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. entstanden Lokale im zentralasiatischen Raum, die Bestattungsrituale mit Pferden beinhalteten. Die Ausstattung eines Pferdes wurde zum Kult in der Nomadenkultur in der Sayan-Altai-Region. Besonders stark setzte sich im Kunsthandwerk der „Animal-Style“ mit seinen Darstellungen von Hirsch und Sonne durch. Dies belegen auch schriftliche Überlieferungen über die Saka und Massageten. Daher ist es offensichtlich, dass diese Form auch in Gebieten praktiziert wurde, die weiter östlich als bisher bekannt liegen. Die Kommunikation wurde diversifiziert, es fand eine Interaktion zwischen Stämmen aus der Taiga (Waldsteppe) im Norden und im Süden mit Zivilisationen aus Zentralasien, Indien und China statt. Solche Impulse durch Migrationen in den Westen fanden erst viel später statt. Sie begannen im ersten späten Millennium v. Chr. mit der Verdrängung der Skythen, der Saka, der Massageten und der Sarmaten. Dies führte zu weitgehenden Veränderungen und zu ethnischen und kulturellen Vermischungen in Asien und auch Europa. Auch die Hsiung-nu und die Hunnen waren für solche Veränderungen verantwortlich. Solche Völkerbewegungen bildeten die Voraussetzung für eine Entwicklung von Handelsrouten unter den Regionen.
  • Hsiung-nu - Xiongnu: 3. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n.Chr.
  • Hunnen - Hun: 4. Jahrhundert bis 6. Jahrhundert n. Chr.
- weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden

Ornamente der Hsiung-nu (Xiongnu)
In den Ornamenten der Hsiung-nu befinden sich geometrische Formen, die ihren Ursprung in der Entwicklung der skythischen Nachkommen Sibiriens hatten und stark von vorderasiatischen Darstellungen beeinflusst wurden. Es vollzog sich ein rascher Wandel der künstlerischen Ausdrucksformen der Hsiung-nu-Stammesgemeinschaft. Ihre mythologische Tradition basiert auf einer anderen ethnischen, kulturellen und sprachlichen Grundlage. Möglicherweise wurden sie auch von der Umgebung einer protomongolischen Welt beeinflusst. Verschiedene mythologische und epische Szenen und Formen stehen im Bezug zu diesen mongolischen Stämmen. Einige dieser typischen Zusammensetzungen wurden beibehalten, möglicherweise sind aufgrund dessen gewisse ideologische Überschneidungen entstanden. Einige Formen haben sich jedoch stilistisch durch die Einwirkung der Hsiung-nu dermassen verändert, dass sie durchaus eigenen ästhetischen Normen entsprechen. So genannte zoomorphe Darstellungen aus Bronze, wie Plaques (Scheiben oder Spiegel) oder Schnallen verschiedener Formen, Knöpfe und Funde mit verschiedenen Abbildungen von Tieren zeigen, wie ausdrucksstark dieses Kunsthandwerk der Hsiung-nu entwickelt war. Beispiele dieser Kunst wurden in Transbaikalien, im Süden Sibiriens, der Mongolei und in Nordchina gefunden. Diese weisen Parallelen zum skythisch-sibirischen Tierstil auf. Eine Reihe von Tieren stehen neben einem symbolischen Baum und weisen so darauf hin, dass Beziehungen zwischen Skythenstämmen und vorderasiatischen Kunsthandwerkern bestanden haben. Diese Bildsprache in der Kunst des Nahen Ostens wurde von Anfang an kopiert. Die frühesten uns bekannten Beispiele befinden sich auf Zylindersiegeln aus Susa (Zeitraum zwischen 15. und 9. Jahrhundert v. Chr.). Diese Formen befinden sich auch auf Zylindersiegeln und Bronzen aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. sowie auf einer Truhe aus Hasanlu (Siedlungshügel in der iranischen Provinz West-Aserbaidschan). Es wird angenommen, dass solche Szenen eine religiöse Bedeutung hatten und dass sie ein Symbol für Macht und Fruchtbarkeit waren. Beide Formen in zoomorphen und geometrischen Darstellungen haben sich ähnlich entwickelt. Tierdarstellungen auf Gold-, Bronze- und Schnallen-Plaquetten scheinen einen mythologischen Ursprung zu haben und entsprechen typischen charakteristischen Formen für den skytho-sibirischen Tierstil. Eine umfassende Ähnlichkeit zwischen all diesen Kompositionen ist zweifellos. In allen Fällen wird ein Raubtier oder ein Raubvogel beim Reissen eines Huftieres dargestellt. Es ist wahrscheinlich, dass diese Szenen eine Inspiration für die Hsiung-nu Meister und späteren Metallarbeiter waren, und kopiert und weiterkopiert wurden. Eine aus der Skythenzeit übernommene Darstellungsform wurde als Bindeglied zwischen Szenen der Hsiung-nu in Bronze und mit jenen aus dem Nahen Osten erkannt. Skythische Handwerker wurden von nahöstlichen künstlerischen Traditionen beeinflusst, aber die Bilder wurden zu einem gewissen Grad einer stilistischen Bearbeitung unterzogen. Künstlerische Szenen und Charakteristika der vorderasiatischen Kunst drangen in die verschiedenen Regionen der Steppenzone vor, so auch nach Sibirien und Zentralasien. Dies geschah sowohl über die skythische Kultur sowie durch Verbindungen zu Kulturen früheren Epochen. So genossen diese künstlerischen Arbeiten eine weite Verbreitung.

- Raubtier oder ein Raubvogel beim Reissen eines Huftieres!

Während des späten 3. und frühen 2. Jahrhundert v. Chr. bestand eine starke Allianz zwischen den Hsiung-nu und den Viehzucht betreibenden Stämmen. Sie eroberten eine Reihe von Provinzen in der zentralasiatischen und sibirisch-skythisch beherrschten Welt. Irgendwann kamen sie in Kontakt mit der Kunst des Nahen Ostens, und die Bilder wurden der Technik der Nomaden angepasst. In einigen Fällen wurden die Szenen mechanisch kopiert, während sie sich in anderen durch Stilisierung und geometrische Komposition veränderten. Der rasche Wandel von einer Reihe von anfänglichen zoomorphen Szenen in geometrischen Kompositionen kann darauf hindeuten, dass die Hsiung-nu-Handwerker den Inhalt und die Bedeutung dieser Szenen nicht erfassten. Folglich vereinfachten sie die Bilder und eliminierten Details, die ihnen nicht vertraut waren, unter Beibehaltung oder nachträglicher Bereicherung von Szenen, die sie besser verstanden, und zwar Darstellungen mit Tieren. Es scheint daher, dass diese skytho-sibirischen künstlerischen Traditionen radikal verändert wurden. Die ästhetischen Kriterien dieses wichtigen Phänomens einer geistigen Kultur, der Kunst, haben sich wesentlich verändert. Ihre Bedeutung hat sich in der Hsiung-nu-Gesellschaft verändert und das ausserhalb der skytho-sibirischen Welt. Szenen, die kämpfende Pferde zeigen (sehr typisch für die Hsiung-nu Kunst), werden für Beispiele gehalten, welche in einer indoiranischen mythologischen Geschichte ihren Ursprung hatten. Möglicherweise war die Technik der Hsiung-nu-Kunst während der frühen Entwicklungsstadien sowohl technisch als auch stilistisch sehr verschieden von der späteren Form. Die Bilder dürfen ursprünglich häufiger auf organische Materialien wie Knochen, Horn und Mineralien aufgetragen worden sein. Solche Darstellungen – in scharfem Kontrast zu den „skytho-sibirischen“ Ausdrucksformen – wurden von den Hsiung-nu zu Szenen von Heldenependarstellungen umgewandelt. Sie reflektieren damit die Mythologie des Nahen Ostens und epische Legenden. Diese Szenen können ein Ergebnis der ethno-kulturellen und sprachlichen Verbundenheit der Skythen mit anderen indoiranischen Völker sein. Dieser rasche Wandel der künstlerischen Szenen zeigt, dass in einer solchen gemischten Stammesgemeinschaft der Hsiung-nu die Kunst des Nahen Ostens mit künstlerischen und mythologischen Traditionen zu einer einzigartigen ethnischen, kulturellen, sprachlichen und eventuell protomongolischen Umwelt umgewandelt wurde. Die neue Umgebung führte zu unterschiedlichen mythologischen und epischen Szenen und Darstellungsformen. Einige prototypische Zusammensetzungen wurden möglicherweise beibehalten, und zwar aufgrund der Existenz einer gewissen ideologischen Übereinstimmung, aber andere Formen wurden stilisiert und durch die Hsiung-nu zu eigenen ästhetischen Normen entwickelt.

– Beispiele: 010203040506
- weitere Informationen unter: Ornamente der Turk-Mongolischen Stämme
(Teppiche, Kleider, Keramik, Handtaschen, Wertkzeuge etc.)
- weitere Informationen unter: Ornamente der Jakuten
- weitere Informationen unter: Traditionelle (nationale) mongolische Trachten
- weitere Informationen unter: Geschichte der traditionellen Kunst und des Kunsthandwerks in der Mongolei
- weitere Informationen unter: Geschichte der Kunst der Steppenreiche Asiens

Animal-Style (Tierstil) und Motive des frühen Schamanismus
Der Animal-Style der Skythenzeit darf nicht als Kunst von Barbaren oder als eine Ableitung von antiker Kunst betrachtet werden. Er ist vielmehr eine späte Entwicklung der nördlichen Nomadenstämme und eine asiatisch geprägte Kunst, die überlebt hat. Er ist die Kunst dieser schamanisch (1) geprägten Weltvorstellung. Der künstlerische Stil wurde damals stark gefördert und war Ausdruck einer herrschenden Elite in Baktrien (Tillya Tepe). Diese Kunst aus der Bronzezeit ähnelte im anatolischen Raum der Kunst der Luristen, der Mitanni und der Hethiter. Tierdarstellungen galten als Symbol mit bestimmten Bedeutungen. Das Integrieren von zoomorphen Formen in der Kunst war Wesensmerkmal dieser lokalen Kunst, die von den Herrschern geprägt wurde und nur innerhalb deren Weltanschauung und Religion verstanden werden kann. Ein sekundärer Kunststil entwickelte sich, der von der griechisch-römischen Kunst abgeleitet wurde. Der Begriff „Animal-Style“ wird auch verwendet, um die Kunst der Kulturen im eurasischen Steppengürtel während des 1. Jahrtausends v. Chr. zu beschreiben. Einige der repräsentativen Dekorationen der oberen Führungsschicht sind gut erhalten, aus Holz geschnitzte oder aus Leder geformte Kunstobjekte oder solche aus anderen Materialien können nur selten gefunden werden. Einflüsse aus dem südlichen eurasischen Raum sind in diesem Kunsthandwerk zu erkennen und wurden durch die Reisen der Nomaden verbreitet. Daher sind Parallelen zu anderen Völkern wie den Achämeniden (Persern) zu erkennen. Gold war im sibirischen Raum reichlich vorhanden und so entwickelten sich „wunderbare prunkvolle Kunstwerke“. Mit dem Eindringen der Turkstämme in diesen Raum endete der Goldexport nach Europa. Sie bildeten Stammesverbände mit sich wechselnden Führern und prägten während ihrer Migration mit Bestattungsritualen das Weltbild.
  • (1) Gemeint ist die Ansicht, dass jedes Element in der Natur eine besondere Kraft (Seele) und daher auch seine eigene Macht besitzt. Dem Schamanen obliegt die Aufgabe, dieses Gleichgewicht herzustellen und beizubehalten. Die Spannungen zwischen externen Faktoren und der menschlichen Gemeinschaft werden vom Schamanen, einem Spezialisten, korrigiert. Schamane verfügen über aussergewöhnliche Kräfte, um der Lage Herr zu werden und mit Hilfe von externen Kräften wie Geistern, Ahnen, oder Seelen ein Gleichgewicht wiederherzustellen. Darüber hinaus muss der Schamane seine Gemeinschaft gegenüber äusseren Kräften, die negativ wirken, verteidigen. Aktive Kräfte in einer Umgebung, auch höhere Mächte in kombinierter Form oder Kräfte von mehreren Tieren wurden allgemein zu Hilfe genommen. Um solche externen Kräfte dem Schamanen dienlich zu machen, benötigte er auch Hilfe von Geistern. In der Regel erschienen diese in der Form von Tieren oder in kombinierten Eigenschaften von mehreren Tieren. Auf der Kleidung oder den Hilfsmitteln der Schamanen prangten Darstellungen solcher Helfer in Form von Malereien, Schnitzereien, Stickereien, Plaquetten etc. Auch die Haut des Schamanen wurde mit Tätowierungen dekoriert. Dies wurde deshalb zur „Überlebenskunst“ oder „Kunst der Wirklichkei“ und war kein Zeichen von Prestige. Bevor Metall verarbeitet wurde, wurden diese Formen nur selten aus haltbaren Materialien wie Stein oder Knochen hergestellt, weshalb diese den schamanischen Gebrauch nicht überlebten. Schamanische Weltbilder waren mit dem Auftreten von sesshaften Gemeinschaften und deren sozialer Differenzierung entstanden. Mit dem Aufkommen der Metallverarbeitung änderten sich solche Weltanschauungen, besonders in der „früheren“ Übergangszeit zu einer Entwicklung einer Kriegersaristokratie. Diese frühen Gesellschaften, die durch Handel oder Krieg Gewinn erzielen konnten, zeigte fortan die Dauerhaftigkeit ihres Reichtums mit Symbolen der Macht: aus Kupfer und Bronze gefertigte Kunsthandwerke mit Gold und aus Eisen gefertigte Waffen. Wie die Saka und Skythen mit China und Griechenland handelten, so haben Mitglieder der baktrischen Kultur mit Kontakt zu den Induskulturen und den Luristanstämmen mit assyrisch-babylonischen Kunstgegenständen gehandelt. Sie verarbeiteten traditionell zoomorphe Symbole einer steinzeitlichen Vergangenheit in ihrer darstellenden Kunst, die wiederholt Raubtiere, Hirsche, Adler, Eulen und andere Tiere auf Kostümen und Schmuckstücken abbildeten.
- weitere Informationen zum Schamanismus Schmanisums (Tengerismus) in der Mongolei
- weitere Informationen zum Schamanismus – Religion der Urvölker Sibiriens
- weitere Informationen unter: Tillya Tepe ("goldener Hügel")
- weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden

Während der Zeit der baktrischen Herrschaft wurden diverse Motive in Bronze gefertigt: Tiger, Leoparden, Kamele, Pferde, Adler oder Geier, Vögel in einem heiligen Baum, Drachen, Schlangen, Frösche und andere Tiere sowie Menschen und Haustiere. Groteske Masken, Löwen, Leoparden, Adler, Drache, Monster und der „Herr (und die Herrin) aller Tiere“ waren Motive aus Luristan. Animal-Style-Motive der Skythen und Saka weisen Gemeinsamkeiten auf, haben sich jedoch in jeder Region selbstständig und unterschiedlich entwickelt. Östlich des Altai war der Tiger das wichtigste Symbol von Macht, während es im Westen der Wolf war. Nördlich des Schwarzen Meeres gewann der Löwe der Griechen und der Länder des Nahen Ostens an Bedeutung. Im Osten erscheint das Kamel, der Bär, der Yak und die Gämse, während in den westlichen Regionen der Hirsch, der Elch und das Schaf dominierten. Gemeinsame Motive sind die des Pferdes und des Adlers, die oft in Form von dämonisierten „Greifvögeln“ vorkamen. Saigas und Igel sowie Gruppen von Tieren in grösseren Szenen oder verschiedener Tiere zusammen, wurden seltener angefertigt. Diese Motive scheinen Siege oder Erfolge auszudrücken, obwohl ihre genauen Bedeutungen heute nicht zu erkennen sind. Einige dieser Motive könnten Clans oder Stammestraditionen darstellen (Tamgas 1). Die Szene mit grossem Greifvogel oder Tiger als Sieger über ein Kamel kann eine stattgefundene Unterwerfung darstellen. Solche mythischen Räuber, teils mit Flügeln, im Angriff auf ein Tier, könnten auch eine Jagd- oder Kampfszene darstellen. Gruppendarstellungen sowie einzelne Tiere mit Motiven aus Mythen oder Märchen waren weit verbreitet. Der Hirsch mit angewinkelten Beinen und über den Rücken gelegtem Geweih scheint aus der Mongolei zu stammen und wurde auch westlich der Donau gefunden. Das eingerollte Tier kam auch aus dem Osten und stellt einen Wolf dar, der auch heute noch in Erzählungen als böser Geist gefürchtet wird. Die Form des fast bis zum Kreis eingerollten Tieres scheint von einer chinesischen Form abgeleitet zu sein, mit der die sich drehende Zeit dargestellt werden sollte. Während des vierten Jahrtausends v. Chr., kam der Drache, der heute noch verehrt wird, in China als Symbol für Kraft auf. Die Form eines zusammengerollten Tieres kam auch in der Hongshan-Kultur (Neolithikum), in der Mongolei und der Mandschurei vor. Dieses Symbol, auch Zeichen von weltlicher Staatsgewalt, hat sich seitdem in vielen Variationen erhalten, zum Beispiel als ein Zeichen in der Piktoralschrift, auf Reliefs oder in Skulpturen. Die Saka kopierten die chinesische Version und haben diese ihrer eigenen traditionellen Kunst angepasst. Noch ungewöhnlicher ist die Anpassung und Modifikation der mächtigen ostasiatischen Motive, die in der Saka-Kunst gefunden wurden. Diese wurden während der Regierungszeit von Qin Shi Huangdi, dem ersten Kaiser Chinas, aufgenommen und zum Symbol einer Dynastie oder eines Krieges mit dem „Schwarzen Krieger aus dem Norden“. Die chinesische Version kombiniert eine Schildkröte mit einer Schlange oder einem Drachen. Dieses Bild wurde in populären Mythen aufgegriffen, die propagierten, dass es nur weibliche Schildkröten gebe und diese sich nur mit einer Schlange fortpflanzen können. In der nomadischen Kunst wurde dieses Motiv auf die Kombination von einer Schlange und einem Igel geändert, weil Igel Schlangen essen. Von den Nomaden wurden auch die Schlange und der Wolf übernommen. Diese Version des Symbols wurde auch im Westen zusammen mit der Siegeszug-Szene mit Tiger und Kamel eingeführt. Das Bild eines riesigen Greifvogels, der einen Menschen gen Himmel trägt, kam so weit nach Westen bis Sizilien, wo er in der normannischen Kunst wieder auftaucht (Nordstämme der "Wikingerzeit".

(1) Tamgas: Design zu identifizieren von Eigentum oder Vieh Zugehörigkeit zu einer bestimmten Clans, kam meist als Viehmarke oder Stempel zur Anwendung.

Die älteste uns bekannte Version eines Vogels mit einem Mann oder einer Frau stammt aus dem vorchristlichen Jahrtausend, wie es Funde in der Grabstätte
Tillya Tepe („goldener Hügel“) in Nordafghanistan und parallel dazu in Nevali Cori (einer steinzeitlichen Siedlung) im Südosten der Türkei beweisen. Die Szene zeigt einen riesigen Vogel mit einem menschlichen Kopf in seinen Klauen. Der Mythos erzählt, dass Etana, der König von Kish (einer Insel im Persischen Golf) auf einem Adler den Stern von Ishtar (babylonische Liebesgöttin) anzufliegen versuchte. Eine zweite Variante des Etana Motivs taucht in der sumerischen Kunst des dritten Jahrtausend v. Chr. (1) auf. Hier sind Darstellungen aus Dichtungen bekannt. Dieses Bild erscheint im Relief auf einem goldenen Gefäss aus Hasanlu Tepe, im Nordwestiran, datiert auf etwa 1000 v. Chr. (2). Die gleiche Form repräsentiert den Vogel Garuda in Indien. Das Motiv wurde in China während der Zhou-Dynastie (Tschou) verwendet und in Griechenland, wo er die Entführung von Ganymed durch den Adler des Zeus zeigt. In der chinesischen Version scheint der Vogel Ohren zu haben und könnte somit auch ein Uhu sein, ein Motiv, das im sibirischen Schamanismus eine wichtige Rolle spielte. Der gleiche Vogel erscheint auf Ohrringen in den Steppen sowie gemalt in der „Himmelfahrt Christi“ in der Cappella Palatina in Palermo. Eine abgeleitete Form dieses Bildes zeigt eine reduzierte Version, in der die Eule eine Maske hält. Die schamanische Tradition hat die gleiche Bedeutung wie die christliche Malerei: den Aufstieg in die obere Welt. Prototypen für dieses Bild wurden in der Hongshan-Kultur (Neolithikum) in der Mongolei und der Mandschurei gefunden, sie zeigen Falken mit katzenähnlichen Köpfen, die in den ägyptischen Hieroglyphen beschrieben werden. Dieses Bild wird von einem anderen Bild begleitet: jenem eines Vogels mit einer langen Feder an der hinteren Seite seines Kopfes. Dieses Motiv kannte man von der Keramik aus Xiabaogou im Süden der Mongolei aus dem 4. Jahrtausend v. Chr., wie auch von hethitischen Reliefs aus Alaca Hüyük aus dem 15. Jahrhundert v. Chr. (auch Alaca Höyök, das ist ein Siedlungshügel in der Provinz Corum in Zentralanatolien) und von thrakischen Silberbearbeitungen aus dem 4. bis 3. Jahrhundert v. Chr. Es könnte sein, dass das gleiche Konzept die Grundlage für dieses Motiv war: Die gerollte Feder, die am Bashadar im Altai gefunden wurde, wurde zum Greif mit einem hohen Kamm aus der Pasyryk-Zeit. Letzteres Motiv gleicht dem adlerköpfigen Dämon der assyrischen Kunst und ist mit dem Pfauendämon der Mitanni-Dichtungen vergleichbar. Es ähnelt auch den im nördlichen Syrien und Griechenland gefundenen Greif mit zwei Locken, die hinter ihren Köpfen hängen. Diese stellen eine neue Form dar, die nicht in zoomorphen Darstellungen gefunden wird.
  • In verschiedenen Keilschrifttexten erscheint Etana in der Unterwelt oder wird als Unterweltgottheit bezeichnet. Wie Etana in die Unterwelt gelangt ist, ist unklar, es wurden darüber bisher keine Keilschriften gefunden. In Etana finden wir das Motiv des Vegetationsgottes wieder, der in frühpatriarchaler Zeit der Grossen Göttin, die ursprünglich Herrscherin über den gesamten Lebenszyklus war, als Sohngeliebter zur Seite gestellt wurde. Er symbolisierte die absterbende Natur, die im Frühjahr auferstand. Der König nahm während der Heiligen Hochzeit seine Funktion an. Die Macht des Königs musste im Ritual jährlich bestätigt bzw. erneuert werden.
    Etana erscheint noch einmal in einer spätakkadischen Fassung des sumerischen Gilgamesch-Epos, das mit seiner ältesten Fassung als älteste Aufzeichnung eines Mythos gilt. Im Text „Tod des Gilgamesch“ träumt Gilgameschs Wegbegleiter Enkidu von der Unterwelt.
  • Hasanlu Tepe oder Tappeh Hassanlu ist ein Siedlungshügel in der iranischen Provinz West-Aserbaidschan. Er befindet sich südlich des nahegelegenen Urmiasees. Der Siedlungshügel enthält unter anderem eine antike, vielleicht mannäische Stadt. Diese wurde durch Urartu im späten 9. Jahrhundert v. Chr. zerstört, vermutlich unter Ispuini oder Menua.

    - mehr Infromationen über: Tillya Tepe ("goldener Hügel") und Bashadar Grabhügel
Die Grabkeramiken aus Xiabaogou (Südmongolei) zwingen uns, frühere Interpretationen zu überdenken – sie sind dem skythischen Animal-Style sehr ähnlich und kombinieren Protomen der Säugetiere (ein plastisches Kunstwerk, das den vorderen Teil eines Tieres oder Menschen darstellt). Hirsche und Antilopen oder Vögelköpfe mit Fischschwänzen ähneln den im Animal-Style gefundenen aus dem 1. Jahrtausend v. Chr., doch sind sie um etwa dreitausend Jahre älter. Es scheint schwierig, beide Gruppen in einer künstlerischen Tradition zu sehen. Kreaturen in zoomorphen Darstellungen (Mischwesen) waren und sind heute noch in Ostsibirien als schamanistische Assistenten in Gebrauch. Der Animal-Style verschwand in den Steppen im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr., nachdem er im polychromen (bunten, farbenprächtigen) Stil der Alanen, der Saka und der Sakaraukes im Tillya-Tepe und am Asowschen Meer und unter dem Begriff „Siberian Gold“ seinen Höhepunkt erreicht hatte. Eine Invasion von Turkstämmen im Westen könnte zum Übergang zu diskreteren Bestattungsritualen geführt haben, da grosse Schätze nicht mehr als Grabbeigabe verwendet, sondern diese königlichen Schätze stattdessen vererbt wurden, wie den awarischen Stämmen oder der türkischen Tradition entsprechend. Solche Schätze wurden auch als Prämien oder Tribute verwendet und an die neuen Herrscher übergeben, wenn die ursprünglichen Besitzer besiegt waren. Wenn Gold- oder Silberarbeiten gestohlen und anschliessend eingeschmolzen oder zu neuem Schmuck umgeschmolzen wurden, waren diese für immer verloren. Es ist auch möglich, dass die türkischen Stämme im Zuge ihrer Migration nach Westen alte Handelswege abgeschnitten haben, über die ursprünglich das sibirische Gold nach Westen gebracht wurde.

Die Waldgebiete Eurasiens erhielten die alten Bestattungsrituale weiterhin aufrecht, bei denen die Schätze den Verstorbenen als Grabbeigabe mitgegeben wurden, aber in diesen Bestattungen fehlen die Reichtümer und die Pracht von früheren Bestattungen der nomadischen Stammesfürsten. Vermutlich ist dies auch Grabschändungen zuzuschreiben. Die Kunst der Seldschuken brachte eine neue Dimension in die Kunst der Reichen ein, indem sie den Doppeladler der alten Motive ebenso wie das Himmelfahrtssymbol bis zum 12. und 13. Jahrhundert n. Chr. verwendeten. Die mongolische Expansion brachte neue östliche und nördliche asiatischen Elemente in den Westen, besonders in den Iran und den Nahen Osten; diese Elemente waren Formen, die dem Schamanismus verbunden waren, und wurden angepasst, um Aspekte der islamischen mystischen Kunst auszudrücken und west- und südeuropäische feudale Symbolik darzustellen.

Felszeichnungen und Motive des frühen Schamanismus
Ursprünglich wurden Felszeichnungen als reine Bilddarstellungen an Felsoberflächen wahrgenommen. Nach neueren Erkenntnissen ist es von Relevanz, die Felsoberflächen auf denen die Bilder eingeritzt oder mit Segmentfarben auf Fels gezeichnet wurden, und ihre Lage in der Landschaft mit zu betrachten um so wichtige Informationen über ihre Verwendung und Bedeutung zu erhalten. Forscher haben einen Wandel in der Art der Felsmalereien entdeckt; diese sind Teil einer materiellen Kultur und könnten eine wichtige Rolle in der Gesellschaft gespielt haben. Sie sind Reflektionen von Mythen alter Völker. Die Zeichnungen werden von Pferden dominiert, aber es gibt auch Stiere, Kamele, Ziegen (Capriden) und seltener Darstellungen von Menschen und Katzen sowie Raubtieren, Zeichnungen von Pferdehufen und menschlichen Fussabdrücken (Felszeichnungen).

Diese Darstellungen sollen in der Vergangenheit Schamenenriutale von alten Baksy (Schamanen oder Priestern) und deren Wechselwirkungen mit einer geistigen Welt dargestellt haben. Heute besuchen islamische Pilger als Teil ihrer religiösen Praktiken neben solchen Felszeichungen einen Schrein. Heutige Interaktionen erhalten die Heiligkeit des Raumes oder magischen Ortes aufrecht und demonstrieren seine Existenz seit prähistorischen Zeiten. So lassen Felszeichnungen heute noch einen besonderen Ort in der Landschaft erkennen und sind immer noch ein aktiver Teil von Erfahrungen und Praktiken, die durch die sozialen Realitäten erzeugt wurden und diese auch darstellen. Diese Felszeichnungen sind somit eine überlieferte materielle Realität, die einen realen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben von damals ausübten. Die Macht des Tieres in der Felszeichnung wirkte sich auf die reale Welt aus und brachte lokalen Pilgern Heilung, die von Krankheit heimgesucht wurden. Der Stier ist ein Symbol für eine ältere Darstellung im Zentralasiatischen Raum, das sich an den alten Glauben eines damaligen Weltbildes heftete: Die Welt sei flach wie eine Scheibe und werde auf den Hörnern eines Stieres getragen.
Terekty Aulie in Kasachstan war ein Ort der magischen Macht. Heute ist es ein religiöser Pilgerort des Islam, der auch von Kranken besucht wird. Im Sajan-Altai-Gebirge gibt es zahlreiche solche magischen Orte mit Felszeichnungen aus vorchristlicher Zeit. Im heutigen russischen Altai in der Chuja-Steppe bei Kalbak-Tasch (heute eine teilautonome Republik, die „Republik Altai“) und im Westen im mongolischen Altai im Aimark Bayan Olgii (Tsagaan Gol – Weisser Fluss) sind solche Felszeichnungen vorhanden (siehe Karte).

- siehe weitere Informationen zu Felszeichnungen: Fotos, Karten und Beispiele aus Europa

Wir können die Bedeutung dieser Macht mit Hilfe von Praktiken und Erfahrungen der Baksy (ein Begriff für Schamane oder Priester, den die Kirgisen verwendeten) deuten. Auch die Usbeken, Karakalpaken, Turkmenen und Kasachen kannten solche schamanischen Praktiken ausserhalb der islamischen Tradition. Diese beschäftigten sich mit den alltäglichen Problemen der Stammesmitglieder. Die Rolle der Baksy war in diesem Zeitraum vielfältig. Jede Gemeinschaft im zentralasiatischen Raum kannte eine Vielzahl von Ritualen, und diese waren lokal abgestimmt. Allgemein bezeichnen Forscher Baksy als Sänger, Dichter, Musiker, Wahrsager, Priester und Heiler zugleich. Sie waren die Hüter der religiösen Traditionen und die Bewahrer alter Legenden. In vielerlei Hinsicht waren die Baksy ähnlich wie die Kam (Schamanen) der Mongolen, Burjaten und Uiguren: Wahrsager, Zauberer, Heiler und Hüter der Rituale. Sie lockten Krankheit verursachende Geister aus dem Körper der Patienten, indem sie Rituale mit Trance veranstalteten und heilten Menschen mit Hilfe von Hilfsgeistern. Einige Baksy verwendeten die Musik auf einem Saiteninstrument, um in Trance zu gelangen, wie die Kam ihre Reise mit der Trommel unterstützten. Somit wurden magische Kräfte angerufen und um Hilfe dabei gebeten, schädliche Geister zu vertreiben. Die Baksy der Kasachen und Karakalpaken spielten in erster Linie Musik auf der Kobyz (einer zweisaitige Laute – auch Dömbra genannt), die zugleich ihre Hilfsgeister waren. Um wichtige Hilfsgeister zu beschwören, benutzten Baksy magische Formeln in Begleitung von Musik. Einige Baksy der Turkmenen und Kasachen waren Sänger und Geschichtenerzähler zugleich. Wie die Kam wurden auch diese Baksy von Geistern oder verstorbenen Schamanen auserwählt, um zu heilen oder um eine bardische Rolle in ihren Gemeinden auszuüben.

Felszeichnungsdarstellungen von Kamelen, Ziegen, Schlangen und anderen kleinen Tieren wurden zu geistigen Helfern. Kamele sind heute noch wichtige Tiere in zentralasiatischen Gesellschaften und stehen in Verbindung zu grenzüberschreitenden Kräften. Ein vorislamischer Glaube unter den Kirgisen zur Verehrung eines „Geistermeisters“ in bestimmten Gegenden hat immer noch Vorrang. Diese „Meister“ können in Form von Tieren, wie zum Beispiel Kamelen, gesehen werden. Die Kirgisen erkannten einen Geist in Form eines jungen weissen Kamels, das dem „Meister“ der heiligen Quellen und Bäume gleichgestellt war. Die Baksy der Kasachen verwenden für die Kobyz auch den Namen "nar-qobi'z" (wobei „nar“ Kamel bedeutet) und nach einer kasachischen Legende fertigte der erste Baksy seine ersten Kobyz aus dem Fell eines Kamels. Die Baksy nutzten auch die Unterstützung von Schlangen und anderen kleinen Tieren in ihren Heilritualen. Der Schlangengeist wurde von den Kasachen und Karakalpaken mit Hilfe von Baksy gerufen. Ziegen waren wichtige Opfertiere unter den türkischsprachigen Völkern und den Altaiern. Sie wurden mächtigen Geistern geopfert. Berücksichtigt man alle diese Elemente, war die „Antennen“-Szene in Felszeichungen die Vision von der geistigen Welt eines alten Baksy. Die Kameldarstellung im Kreis unterstützt die Baksy mit der Macht, andere Welten zu durchqueren. Der andere Tiergeist wurde durch die Baksy gesandt, um die Seele in einem kranken Menschen zu fangen. In den verschiedenen mündlich übertragenen Epen der zentralasiatischen Völker war das Pferd ein wichtigstes Transportmittel für den Helden oder den Schamanen, um in andere Welten zu reisen. Die Pferdehuf-Felszeichnungen könnten auf den Gang der Pferde hinweisen, die den alten Baksy in andere Welten begleiteten. Ebenso könnte die Felszeichnung von menschlichen Fussspuren einen in andere Welten reisenden Baksy symbolisieren. Als Teil seiner Initation muss der Baksy Prüfungen bestehen, zum Beispiel barfuss im Schnee gehen oder ein glühendes Eisen mit der Zunge berühren. Dies musste getan werden, um zu beweisen, dass der Baksy von einem starken Geist begleitet wird, der ihn vor Schaden schützt. Die Fussabdrücke zeigten die Macht eines Baksy, der diese Stufen erreicht hatte, als er in die geistige Welt einging. In Felszeichnungen vorkommende Abbildungen von Spinnweben oder Netzen sind aus ungewöhnlichen Visionen und Bildern im Zustand der Trance abgeleitet. Die Auswahl der spezifischen geometrischen Formen beziehen sich auf den Menschen, der dies in Trance erlebt hat. Die Bedeutung der Bilder wurde in ihrer Bedeutung von den Erwartungen und vom damaligen Weltbild innerhalb der Gemeinschaft beeinflusst. Das Gitter oder die Spinnweben mit Hirschen zeigen, wie die Macht mit den Tiergeistern verbunden war. Das Gitter war eine physische Manifestation einer Kraft, die von unsichtbaren Kräften abgeleitet wurde. In diesen Felszeichnungen wurden kraftvolle Visionen der Welt der Geister dargestellt, sie waren sichtbare Manifestationen der magischen Macht in der Landschaft, die die alten Baksy für ihre Arbeit nutzten. Tiere wurden auch an Wände und Böden in Grotten geritzt. Diese Höhlen und Grotten waren auch Orte, wo die Baksy mit ihren spirituellen Ritualen Grenzen überquerten und durch die Welten reisten. Im Tartarmärchen wurde das Wasser der Unterwelt zugeordnet, wo die Seelen der Toten wohnten. Wenn diese wiedergeboren werden, kehren sie in anderen Formen wieder, wie etwa der eines Pferd. Die Pferdedarstellungen könnten solche wandernden Seelen von Toten oder die gestohlenen Seelen Kranker sein. Die Aufgabe der Baksy war es, diese zu orten und zu erfassen, womit eine Heilung stattfinden konnte. Wasserlöcher waren eine Art solcher durchlässigen Grenzen.

- Felszeichnung und Schamanenreisedarstellung

Die San-Völker im südlichen Afrika hielten solche Wasserlöcher für magische Orte, an denen sich Tiere zur Tränke sammelten, und führten dort ihre schamanischen Praktiken durch. Wasserbüffel galten als von regenbringenden Geistern beherrscht und wurden von den San-Schamanen eingefangen, um Regen bringende Zeremonien zu veranstalten. Wenn die San Regen aus den Wolken herabbeschworen, so wurden zu Beginn der schamanischen Praktiken Bullen mit einer Feder geschmückt. Das Zelebrieren mit solchen Regenbullen war unumgänglich. Die Baksy mussten, wie die San-Schamanen, in das Wasserloch eindringen, um die regenmachenden Geister zum Schicken von Regen zu bringen. Während des Mittelalters waren türkische und mongolische Schamanen geachtete Regenmacher. Wind oder Schnee wurden mit Hilfe von magischen Steinen hervorgerufen. In einem Fall wird sogar von einem türkischen Wahrsager (Kahin) erzählt, der von den Wolken Hagel und Schnee herbeirufen konnte, um andere damit anzugreifen. Unter den Turkmenen wurden nicht nur von den Baksy, sondern auch von den Yatgi (Wahrsager) das Wetter für die Stammesführer vorhergesagt. Sie verstanden es, Regen, Wind oder Hagel mit der Hilfe von magischen Steinen herbeizurufen. Anstelle der Verwendung eines magischen Steines konnte auch eine Felsoberfläche eine ebenso magische Kraft in sich bergen. Die Baksy verwendeten die Kraft der Felsen, um Wetterlagen zu ändern, um Wasser für ihr Vieh, oder schlechtes Wetter auf rivalisierende Schamanen oder Stämme zu bringen.

Alttürkische Felszeichnungen in Nordost-Anatolien
Im Osten der Provinz Erzurum wurde in einer Höhle in den Fels gehauenen Tamgas (1) von Oghusenstämmen, uigurische Sippenmarken, sowie alttürkische Schriftzeichen gefunden. Die Zeichen müssen im 12. oder 13. Jahrhundert n. Chr. dort angebracht worden sein. Ein Hinweis der grossen Wanderungen von Turkstämmen bei der Besiedlung ihrer neuen Heimat in Anatolien. Der Fundort diese «Cunni-Höhle» liegt auf 2300 m Höhe ü. Meer in der Ebene von Karayazi (Karayazi düzü). Diese Höhlen könnten vor der Seldschukeneinwanderung eine christliche Kultstätte gewesen sein. Fünf Zeichen können mit uigurischen Haus- oder Sippenmarken verglichen werden (siehe Erzurum – Turfan), wie sie auf den Rechtsurkunden in Turfan-Texten aus dem 13. und 14. Jahrhundert von Vertragschliessenden und Zeugen angebracht wurden. Es muss sich um Clan- oder Sippenmarken handeln, weil gleiche Unterschriftensiegel oft von verschiedenen Personen geführt werden. Bekannt ist, dass der Gebrauch von Siegelmarken im sozialen Leben der Uiguren eine bedeutende Rolle gespielt haben und von ihnen geradezu kultiviert wurden. Das mag seine Ursache darin haben, dass sie mehr als andere Turkvölker in den Bindungen ihrer Sippen- und Geschlechtergemeinschaften gebunden waren. Ihr halbnomadische Lebensform hat der Blutsgemeinschaft grössere Bedeutung beigemessen als eine politischen Einheit.

Diese Zeichen stehen wahrscheinlich im Zusammenhange zwischen den Alphabeten des alten Ungarn, den Pegenegen und Komanen und es wird nicht bezweifelt, dass sie einen Bezug zur Szekl-Schrift haben. Mit diesen Alphabeten und besonders mit der Szekl-Schrift, haben die Zeichen der Talas-Kerbschrift grosse Ähnlichkeit. Augenfällig aber ist ihr Unterschied zu den Schriftzeichen vom Orchon, Jenissei und Ostturkestan. Das Radkreuz ist ein uraltes Symbolzeichen, das von China bis Skandinavien in Felsenzeichnungen und besonders auf Grabsteinen antreffen ist. Im Zusammenhang mit der Mond-Totengottheit versinnbildlicht es die vier Weltrichtungen und dient zur Orientierung bei der Reise ins Jenseits (siehe Zeichnung).

(1) Zu den Tamgas: Die Kreuzvarianten könnten sehr wohl Ausdrücke christlichen Glaubens sein. Im 11. und 12. Jahrhundert verbreitete sich dieser Glaube vom Zentrum der uigurischen Christen, dem Dorfe Bulayïq im Osten der Turfanoase ausgehend, bis tief in die Mongolei. Buddhismus und nestorianisches Christentum traten an die Stelle des Manichäismus, den die Uiguren 300 Jahre zuvor angenommen hatten.

© Albi –Februar - Dezember 2011– Revidiert von Hermelinde Steiner - Februar 2012
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