Face Music - Archaelogy - Eurasia & Central Asia


Archäologische Funde der Steppenkulturen - im osteuropäischen Raum




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P & C December 1998
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- last update 03-2016



Osteuropäischen Raum

in German

Textilien mit pflanzlichen und tierischen Fasern, hergestellt auf einfachen Webstühlen (siehe Webstühle) aus dem 3. und 2. Jahrtausend v. Chr., wurden in der Kalmückischen Steppe westlich des Kaspischen Meeres gefunden. Pferdehaltung und Pferdegeschirr waren im osteuropäischen und anatolischen Raum ebenfalls bekannt und können der Mykenischen Kultur (1) zugeordnet werden.

Eine
Sintaschta-Petrowka-Kultur (siehe mehr Informationen und Karte) herrschte östlich entlang des Urals vor. Sie fertigte Pferdewagen für den Kampf oder für Ritualrennen, die auch für Bestattungszeremonien verwendet wurden. Sie hatten Bezug zu den metallurgischen Technologien einer indoiranischen Tradition. In vedischen (2) und Avesta- (3) Quellen wird von einer Migration im ersten Jahrhundert n. Chr. aus Mittel- und Südeuropa geschrieben. Archäologische Funde bestätigen solche Kontakte zwischen Nachbarstämmen und zum sibirischen Raum. Viehzüchter und Ackerbauer wurden davon beeinflusst und übernahmen neue Siedlungsstrukturen und deren mythologische Ansichten. Es kam zu Wanderungen mit grossen Herden zu neuen Weideplätzen. Nomadische Lebensformen entstanden. Die Samivölker, die auch hier siedelten, ursprünglich Jäger und Fischer, begannen Rentiere zu zähmen und folgten den Herden Richtung Norden (siehe mehr unter Fenno-Skandinavien).

Vergleiche sarmatischer und sauromatischer Grabrituale mit deren Kunsthandwerk und Vorräten in Grabstätten lassen erkennen, dass in allen Regionen während der frühen Eisenzeit nicht nur eine einzigartige Kultur unterhalten wurde. In
Tilla Tepe (4) gefundene reichhaltige Grabbeigaben und deren ikonographischen Motive geben auch über den sozialen Status der Verstorbenen Auskunft. In den Gordion-Hügelgräbern (5) in Phrygien (Anatolien), in der Baschadar und in Pasyryk-Kurganen (6) im Altai-Gebirge wurde Kunsthandwerk gefunden, das dem Animal Style einer früheren Nomadenkultur zuzuordnen ist und als Derivat einer ursprünglich schamanischen Kunst – oder einer „Kunst des Überlebens nach dem Tod“ – gedeutet werden darf. Ein Kriegeradel setzte sich in der Bronzezeit in Baktrien (7) und Lurististan (8) durch, und auch damit ging Kunsthandwerk einher.

Trepanationen (Schädelbehandlungen), Einbalsamierung, Mumifizierung, Körpertätowierungen und Knochenverarbeitungen waren in der alten mongolischen, tuvinischen Welt ebenso bekannt und wurden auch in der Region in Kasachstan und Südsibirien in Stammesgesellschaften praktiziert (
siehe Schädel). Geometrische Motive im Kunsthandwerk, einer skytho-sibirischen Kunst mit Animal Style (9), waren mit den ethnisch, kulturell und sprachlich verwandten Hsiung-nu verbunden. Diese stehen möglicherweise in der Tradition einer überregionalen Verbreitung innerhalb einer Epoche, behielten jedoch ihre regionale Eigenständigkeit. Reitergeschirr, Felszeichungen und Ritualobjekte aus Funden aus der Arschan- (10) und der Pasyryk-Kultur im Altai dürfen dieser skytho-sibirschen Epoche zugeordnet werden. Heilige Stätten waren – wie in Petroglyphen am Terekty Aulie (11) im zentralen Kasachstan zeigen – in diesen verschiedenen Gesellschaften gleichermassen vorhanden, zeigen jedoch unterschiedliche Erfahrungen, wie in Stein gemeisselte Bilder oder Symbole, die auf eine mit Geistern vorgestellte „Macht“ hinweisen, auf den Glauben an eine beseelte Welt und deren unsichtbare Reiche, denen man in Kultstätten Opfer bringen musste.

Zeittafel früher Reiternomaden:
- Kimmerer – Kimmerier: 8. und 7. Jahrhundert v. Chr.
- Skythen (Saken – Sauromaten – Massageten): 8. bis 3. Jahrhundert v. Chr.
- Sarmaten – Sauromaten: 6. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
  • Sauromaten: 6. bis 7. Jahrhundert v. Chr.
  • Frühe Sarmatenzeit: 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr.
  • Mittlere Sarmatenzeit: spätes 2. Jahrhundert v. Chr.
  • Späte Sarmatenzeit: 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
Weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden".
  • (1) Die Bezeichnung Mykenische Kultur oder mykenisch sind moderne Prägungen im Zusammenhang mit den Ausgrabungen, die unter anderem Heinrich Schliemann in der bronzezeitlichen Anlage Mykene durchgeführt hatte. Die Eigenbezeichnung der frühgriechischen Bevölkerung des Ägäisraums ist unbekannt, wenngleich teils vermutet wird, sie hätten sich zum Stamm der Achäer (Achaier) gebildet, wie das in Homers Aufzeichnungen enthalten ist. Auf den Inseln der Kykladen herrschte die mykenische Kultur einer spätkykladischen Zeit vor.
    Die mykenische Periode wird als erste Hochkultur im europäischen Raum betrachtet. Wie man seit der Entzifferung der Linear-B-Schrift in den 1950er-Jahren erkannte, soll es sich um eine Frühform des Griechischen handeln. Die mykenische Kultur tritt ab dem späten 17. Jh. v. Chr. nach einer Periode im Mittelhelladikum unvermittelt auf (nach traditioneller Chronologie; bzw. ca. 1750 v. Chr.). Tote werden mit prunkvollen Grabbeigaben bestattet. Kontakte bestanden nicht nur zu Kreta, sondern auch zu Ägypten (
    siehe Karte).
  • (2) Veda („Wissen") ist eine zunächst mündlich überlieferte, später schriftlich fixierte Sammlung religiöser Texte im Hinduismus. Für die meisten hinduistischen Strömungen ist ihre grundlegende Autorität unbestritten. Den Kern der Veda bilden Texte der Shruti, das sind von Rishis (Weisen) „gehörte" Offenbarungen.
  • (3) Das Avesta (vermutlich von altiranisch „preisen") ist das heilige Buch der auf den iranischen Religionsstifter Zarathustra zurückgehenden Religion Zoroastrismus. Es besteht aus einer Sammlung von Texten unterschiedlicher sprachlicher und stilistischer Art sowie zeitlicher Abstammung und enthält unter anderem die dem Propheten selbst zugeschriebenen Gathas.
  • (4) Tilla Tepe, auch Tillya Tepe oder Tillja Tepe (der goldene Hügel), liegt im Norden Afghanistans. 1978 wurden dort bei Ausgrabungen sechs Gräber gefunden, die auf die Zeit um Christi Geburt zu datieren sind (mehr Informationen unterTilla Tepe).
  • (5) Gordion war die Hauptstadt des Phrygerreichs und wurde 1895 von den Gebrüdern Gustav und Alfred Körte wiederentdeckt. 1900 führten diese erste Grabungen am Siedlungshügel durch und erforschten einige Tumulus-Gräber in der Umgebung.
  • (6) Tujekta-Baschadar-Kultur: Artefakte aus frühen nomadischen Kulturen des südlichen Sibiriens. Ausgrabungen in den 1920er Jahren in der Region Pasyryk im Altaigebirge, wo der gefrorene Boden (Permafrost) organisches Material konserviert zum Vorschein brachte (mehr Informationen unterTujekta-Baschadar-Pasyryk-Kultur).
  • (7) Baktrien ist der historische Name einer Landschaft um die ehemalige Hauptstadt Baktra (das heutige Balch), das nördlich des Hindukusch und südlich des Flusses Amudarja liegt. Das Gebiet, aus dem eventuell der Religionsgründer Zarathustra stammt, gehört heute grossteils zum Norden Afghanistans und zum südlichen Turkestan. Die Bewohner Baktriens waren die Baktrier sowie einige Skythen und andere hier eingedrungenen Völker. Der persische Grosskönig Kyros II. eroberte Baktrien um 538 v. Chr. und machte es zu einer Satrapie des Achämenidenreichs (mehr Informationen auch unterTilla Tepe).
  • (8) Luristan: Kultur, die vom 3. Jahrtausend bis zum 7. Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung im heutigen West-Iran zu Hause war, genauer gesagt im dortigen Zagros-Gebirge (mehr Informationen unter „Parther – Perser").
  • (9) Skytho-sibirischer Animal Style: mehr Informationen unter „Animal Style".
  • (10) Arschan (Arzhan) ist ein Dorf und bezeichnet die dortige, gleichnamige, ehemals skytische Begräbnisstätte für Fürsten in Zentralasien im Nordwesten der Republik Tuwa, deren Geschichte durch diverse Ausgrabungen wieder ans Tageslicht kamen.
  • (11) Terekty Aulie, Kasachstan: – mehr Informationen unter „Felszeichnungen (Petroglyphen“.


- Ausgrabungen in Waldsteppen, in der Pannonischen Tiefebene (Karpatenbecken) und östlich des Urals
Zwischen dem 9. Jahrhundert v. Chr. und dem 3. Jahrhundert n. Chr., während der frühen Eisenzeit, siedelten in dieser Waldsteppenzone, der Pannonischen Steppe und östlich des Urals (siehe Karte) unterschiedliche Stämme mit markanter Wohnkultur und Begräbnisstätten, die in wirtschaftlichen und stilistischen Formen jenen im eurasischen und zentralasiatischen Raum ähnlich waren.

Funde aus dem 9. bis 7. Jahrhundert v. Chr. in Mitteleuropa, Osteuropa oder dem Karpatenbecken (siehe Karte: Pannonische Tiefebene. Karpatenbecken, Ungarische Tiefebene) brachten Ornamente auf Pferdegeschirr, Trapperausrüstungen und Waffen hervor, die man einer frühen „Daker-Kimmerer“-Kultur (1) zuordnen kann. Berittene Krieger waren hier eingedrungen und mischten sich mit sesshaften Viehzüchterstämmen, die weiter nördlich, in den kaukasischen und pontischen Steppen ihre ursprüngliche Heimat hatten (siehe Karte Pontische Steppe). Durch den Handel hatten schon früher Kontakte bestanden. Der grösste Anteil an Funden im Karpatenbecken, d.h. im Grossraum der Ungarischen Tiefebene, die den westlichsten Teil des eurasischen Steppengürtels bildet, ist diesen zugewanderten Reiterstämmen zuzuschreiben. Sie waren an diesen Veränderungen im kulturellen Erscheinungsbild massgeblich beteiligt. Funde aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. zeigen auch Veränderungen zu einer früheren Völkerwanderung aus der Zeit vom 13. bis zum 11. Jahrhundert v. Chr., die im Zusammenhang mit einer Umwelt- und Klimaveränderung ausgelöst wurden. Die lokale Bevölkerung passte sich diesen steppenorientierten Eindringlingen an und nahm Lebensformen mit mobiler Herdenhaltung sowie Traditionen einer materiellen Kultur an, die vom Osten in den Westen gebracht wurden. Eine Vermischung zwischen steppenorientierten nomadischen Stämmen und einer sesshaften Gemeinschaft fand in der späten Urnenfelder- und Hallstattzeit statt (siehe auch unter „Kelten“) und setzte sich fort: Bergbau und Alpenwirtschaft wurden betrieben. Die Lebensformen im östlichen Alpenrand und in Transdanubien (2) waren tendenziell bisher völlig gegensätzlich gewesen. Diese Schnittstelle zwischen Ost und West zeigt ein komplexes Muster an Konflikten im Austausch unterschiedlicher Traditionen. Eine Reihe von in der Bronzezeit gefertigten Waffen im mittel- und südosteuropäischen Raum und in Gräbern gefundene Schätze müssen zu den hier eingedrungenen Kriegerstämmen gehören. Analogien von östlichen Steppenvölkern lassen dies erkennen. Herodots Beschreibungen deuten auf die Kimmerer hin, die von den Skythen aus ihrer Urheimat vertrieben wurden und vor einer Unterdrückung über die Schwarzmeerküste ins Land der Meder flohen. Berichte über Aktivitäten der Kimmerer im Raum Anatolien und im nördlichen Assyrien sind reichlich vorhanden. Über Angriffe gegen Urartu und Assyrien wurden in akkadischen Schriftquellen Texte gefunden. Es handelt sich um Ereignisse aus dem späten 8. bis Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. In der nördlichen Pontischen Steppe und in den Waldsteppenzonen wurden Waffen, wie Dolche aus Bimetall, Eisen, bronzene Lanzenspitzen und verschiedene Arten von Eisen- oder Bronzeschmuck sowie Pferdegeschirr in freigelegten Friedhöfen gefunden, die den Kimmerern zugeordnet werden können und etwa Krieger mit Ausrüstung und Pferd bei Begräbnissen darstellen.
  • (1) Kimmerer – Cimmerians: 8. und 7. Jahrhundert v. Chr.
    Ein indoeuropäisches Reitervolk, das griechischen Autoren wie Herodot zufolge am Kimmerischen Bosporus (heute: Strasse von Kertsch) zwischen der Krim und Südrussland und im nördlichen Kaukasus ansässig war. Erstmals erwähnte Aristeas von Prokonnesos diese Nomadenstämme (Kimmerer), Bewohner der Steppen am Nordufer des Schwarzmeeres. Die Kimmerer wurden von eindringenden Skythen aus ihrem Stammesgebiet verdrängt (8. Jahrhundert v. Chr.). Daraufhin drangen sie – der Meeresküste folgend – in Kleinasien ein (siehe Karte
    Orient). Einige Stämme kamen über den Kaukasus. Sie siedelten in Anatolien zwischen den Mannäern (Mannai – Königreich am Urmia-See) und den Medern (altiranisches Volk).

    - siehe auch
    „Kimmerer“ unter Tujekta-Baschadar-Pasyryk-Kulturin der Altairegion (Zentralasien); weitere Informationen zu Stämmen wie den Kimmerern: siehe „Geschichte der Reiternomaden“.

  • Die Daker siedelten seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. im Raum der Schwarzmeerküste. Sie sind eng mit den benachbarten Geten verwandt und hatten vermutlich dieselbe Sprache. Erst ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. sind beide Stämme vollständig im Dakerreich vereint.
    Nach der Unterwerfung durch Trajan umfasste die Römische Provinz (Dacia) im Wesentlichen das von ihnen bewohnte Gebiet. Die Provinz reichte aber über das Territorium des heutigen Rumänien hinaus und schloss im Westen Teile der Pannonischen Tiefebene (im heutigen Ungarn und in der Vojvodina) und im Osten auch Teile Moldawiens und Bulgariens ein (
    siehe Karte).
    Historiker leiten die Herkunft der Rumänen von den Dakoromanen und den Dakern ab.

  • (2) Transdanubien („jenseits der Donau“): So werden die rechts (südlich und westlich) der Donau gelegenen Landesteile Ungarns bezeichnet

    - Weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden“.

Gräber, die aus dem 9. bis zum frühen 7. Jahrhundert v. Chr. datiert sind und nahe bei Flüssen in Waldsteppen in der Ungarischen Tiefebene gefunden wurden, werden als präskythisch bezeichnet. Man fand sie auf leichten Erhebungen wie Sanddünen gebaut oder in aufgegebenen Siedlungen mit kleineren Friedhöfen. Mehr als zwei Gruben mit Grabbeigaben waren vorhanden, in der Regel einem grossen Topf, einer Tasse oder eine Schüssel. Rinder- oder Schafknochen zeigen, dass Fleisch verzerrt wurde. Steine oder Mühlsteine neben dem Verstorbenen waren typische Grabbeigaben, in Frauengräbern reich verzierte Knochenplättchen. Waffen- und Pferdebestattungen hingegen wurden in diesen präskythischen Gräbern in der nördlichen Pannonischen Steppe dieser Zeit keine gefunden. Tatsächlich wurde klar, dass hier bei den Riten der Beerdigung ein wesentlicher Unterschied zu jenen im Karpatenbecken aus der mittleren Bronzezeit bestand. Bis ins 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. gab es im Nordosten Ungarns und in Teilen der Slowakei Friedhöfe mit Brandgräbern mit unverwechselbarer Keramik. Das erklärt die Situation, dass in den offenen Steppen weiter nördlich und östlich in Richtung des Kaspischen Meeres oder im Westen zur nördlichen Pontischen Steppe hin und im Raum zur Moldau eine andere Kultur herrschte. In der Grossen Ungarischen Tiefebene wurde während der frühen Eisenzeit eine überwiegend steppenorientierte Existenz mit Viehzucht und Rinder-, Schaf- und Pferdeherden betrieben. Betrachtet man die grossen Funde aus dem Neolithikum und der frühen und mittleren Bronzezeit, war die spätbronzezeitliche Einäscherung auf Friedhöfen, die über viele Generationen betrieben wurde, nicht immer der Fall. Berittene Krieger und ihre Mitläufer drangen in diese Gebiete jenseits der Karpaten ein und brachten vom Nordkaukasus neue Bestattungstraditionen mit, wonach Waffen wie Metalldolche, Lanzenspitzen aus Eisen und Bronze sowie verschiedene Artefakte aus Eisen und Pferdegeschirr als Grabbeigabe bestattet wurden. Diese Reiterkriegerelite entstand irgendwann um 900 v. Chr. Auf Pferdebestattungen lag in diesen präskythischen Gräbern in der nördlichen Pannonischen Steppe oder im Karpatenbecken aus dieser Zeit keine Hinweise vor.

Abholzungen für den Bergbau verursachten hohe Emissionen und starke Umweltveränderungen. Einige Beispiele lassen sich heute noch zurückverfolgen. Eine lang andauernde Abholzung in den Ebenen nach der Jungsteinzeit durch Bergbau und eine intensive Beweidung in den Steppen haben im östlichen Karpatenbecken und den Transkarpaten der Umwelt geschadet. Eine Abnahme der Bevölkerung und der Siedlungen nach 800 v. Chr. waren die Folge. Zusätzlich veränderten sich die Machtstrukturen im östlichen Karpatenbecken. Schuld waren auch immer grössere Metallproduktionszentren mit Handel, die eine damalige Krisensituationen verstärkten. Bisherige traditionelle, religiöse Riten in Hinblick auf ein Leben nach dem Tod wurden nicht mehr nachgelebt. Statt Jenseitsriten herrschten in Folge politische Krisen und mit dem Aufkommen neuer politischen Machtstrukturen andere Weltanschauungen. Kontakte nach Osten waren am deutlichsten am Kunsthandwerk und am Pferdegeschirr zu erkennen und spielten wahrscheinlich eine entscheidende Rolle bei solchen gesellschaftlichen Veränderungen. Ein Blick auf diese Kontakte kann helfen, die Rolle der neu entstandenen kulturellen Netzwerke einer frühen Eisenzeit in Südost- und Mitteleuropa zu verstehen, und öffnete eine grössere europäische Perspektive. Solche Kommunikationsnetze mit überregionalen Kontakten förderten wahrscheinlich auch Mischehen. Ohrringe überregionaler Herkunft wurden in Gräbern gefunden und lassen entsprechende Kontakte vermuten. Eine intensive Kommunikation mit heimischen Ritualen wurde auch durch dazu passende Motive in der Ornamentik auf Töpferwaren bestätigt. Gefördert wurden solche Anpassungen auch durch den Austausch von Geschenken, etwa Pferden, ihren Wagen und ihrem prestigeträchtigen Bronzegeschirr, aber auch den Austausch von Wissen, das solchen Gemeinschaften nutzte. In der „Ilias“ (frühgeschichtlichen Mythen und Erzählungen, die Homer zugeschrieben werden) sind solche prestigeträchtigen Geschenke mit Pferden und Geschirr beschrieben, auch in assyrischen Annalen und in späteren Quellen. Das Aufkommen einer Kavallerie mit neu entwickeltem Pferdegeschirr brachte entscheidende Vorteile in Kampf. Pferde spielten in diesen Reiterstämmen eine wichtige Rolle, auch innerhalb ihrer sozialen und religiösen Vorstellungen und ihres Kosmos. Reitereliten bildeten sich in der östlichen Steppe und im nördlichen Kaukasus und brachten in diese mobilen und sesshaften Viehzüchtergemeinschaften neue Formen von Hierarchien ein. In der oberen Dnjeprregion muss eine solche Elite eingedrungen sein, die militärische Fähigkeiten in den Raum des Karpatenbeckens trug. Vom Osten inspirierte Prestigeware in Kunsthandwerk und Pferdegeschirr mit importierten Pferden trug nun auch hier zu Veränderungen und neuen Machtvorstellungen bei.

Sarmaten, die im Don- und Wolgabereich siedelten, lassen in ihrer Keramik Ähnlichkeiten erkennen. Die Nomaden in dieser Region hatten während des 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. nur provisorische Lager in offenen Steppen, obwohl sie auch stabile Siedlungen in Waldsteppenzonen besassen. Die Nomaden in den Steppen lernten Eisen zu verarbeiten. Ihre Wertvorstellungen spiegeln sich in verschiedenen Kunsthandwerken mit traditionellen Motiven, z.B. solchen im
skytho-sibirischen „Animal Style" wider. Grabtraditionen entstanden, wobei verstorbene Krieger mit Grabbeigaben, darunter Waffen, Pferde und Pferdegeschirr, bestattet wurden. An Motiven reiches Kunsthandwerk wurd gefunden, darunter zahlreiche Bronze- und Goldstücke mit Verzierungen in Kurganen (Grabhügeln). Die Skythen am Schwarzmeer oder die Saka (Saken) in der Aralseesteppe waren Schöpfer dieser kraftvollen materiellen und geistigen Kultur, die in persischen Texten der alten Achämenidenschriften beschrieben wird. Ihr Kunsthandwerk war in den östlichen Steppen bis zum Jenisseibecken und Richtung Süden in den mongolischen Ebenen anzutreffen. Elemente einer späten Bronzezeit mit Animal-Style-Motiven dieser skytho-sibirischen Epoche wurden gefunden. Es handelt sich um in Stein gemeißelte besondere Tierdarstellungen, die heute als „olenniye kamni“ bezeichnet werden (siehe Foto). Im südlichen Kasachstan im Talgar-Schuttkegel und in den Hochtälern des Turgen und der Asi-Flüsse im Tien-Shan-Gebirge zeigen Funde in Grabanlagen aus der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit, dass solches Kunsthandwerk bekannt war und gehandelt wurde, etwa ein isolierter Steinhaufen an der Spitze am Beirampass im Altaigebirge (Beiram Mound), aber auch im Westen der Mongolei war derlei Kunsthandwerk zu finden. Kunsthandwerk aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. bis zur Gegenwart wurde von diversen Nomadenstämmen gehandelt und verarbeitet. Das gilt auch für die Mandschu, obwohl deren Kunsthandwerk eher einen Bezug zum chinesischen Flachland zeigte. Im Moment wird uns eine komplexe und spezifische kulturelle Entwicklung dieser skythosibirischen Epoche in Zusammensetzung mit einer Sauromaten- und Sarmatengesellschaft im Raum Kasachstan, Sibirien und Zentralasien immer zugänglicher. Es wird offensichtlich, dass unser Wissen über die fraglichen Gebiete jede Theorie einer Einheit einer ganzen eurasischen Steppe ausschliesst. Kunsthandwerk wurde lediglich weit über ethnische Grenzen hinweg gehandelt und gefertigt.

- Weitere Informationen
unterBeiram Mound im Altaigebirge in der Westmongolei“.

Zeittafel früher Reiternomaden:
- Kimmerer – Kimmerier: 8. und 7. Jahrhundert v. Chr.
- Skythen (Saken – Sauromaten – Massageten): 8. bis 3. Jahrhundert v. Chr.
- Sarmaten – Sauromaten: 6. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
  • Sauromaten: 6. bis 7. Jahrhundert v. Chr.
  • Frühe Sarmatenzeit: 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr.
  • Mittlere Sarmatenzeit: spätes 2. Jahrhundert v. Chr.
  • Späte Sarmatenzeit: 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
- Weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden".
- Weitere Informationen zum Animal Style (Tierstil) und Motive des frühen Schamanismus

Migrationen kleinerer Gruppen mit Niederlassungen trugen wahrscheinlich auch zu einer Herausbildung kultureller Gemeinsamkeiten bei. Ein gemeinsamer kultureller Horizont ist darauf zurückzuführen, kann jedoch nicht als „Einheit“, sondern muss als „eurasische kulturelle Kontinuität einer skythischen Epoche“ verstanden werden. Benachbarte Kulturen waren ähnlich, behielten sich aber ihre Eigenständigkeit bei. Globale Prozesse förderten eine überregionale Kommunikation, nichts sonst. Soziale Hierarchie spielte eine wichtige Rolle in den Gemeinschaften, wobei sich einzelne Rangordnungen und deren jeweiliger Status vorwiegend innerhalb der Beerdigungstruktur in Bestattungsritualen zeigten. Darauf deuten die Grösse des Baus von Grabstätten, räumliche Zuteilungen innerhalb von Bestattungskammern, die Zusammensetzung von Grabkammern, die Reichhaltigkeit und Vielfalt der Grabbeigaben mit Tier- und Menschenopfern sowie Waffen, Schmuck, transportierbare geschnitzte Stein- oder Lehmaltäre, Objekte mit Animal-Style-Motiven etc. hin. An all diesen Dingen waren der Status von Toten und das zu erkennen, womit sie für den Eintritt in die neue Welt ausgestattet wurden (Glaube an die Reinkarnation bzw. Wiedergeburt): Handelte es sich um einen Führer, einen Priester, eine Priesterin oder eine(n) Krieger(in)? Königliche Bestattungen oder Grabbeigaben der Elite demonstrierten deutlich höhere gesellschaftliche Bedeutung als jene innerhalb der einfachen Bevölkerung. Die Stämme in der frühen Eisenzeit waren gute Krieger, in dieser Steppenwelt stark patriarchal organisiert. Auch Frauen mussten hart arbeiten und zusätzlich alltägliche Handarbeiten verrichten. Auch sie hatten Rollen als Führerinnen, Priesterinnen, Kriegerinnen und Krieger-/Priesterinnen. Wahrscheinlich geben freigelegte Gräber mit Grabbeigaben ein Bild dieser in der Eisenzeit lebenden Gemeinschaften ab. Beerdigungen einer ausgewählten Gruppe oder Untergruppe der Bevölkerung lassen auf die Gesamtheit einer jeweiligen Kultur solcher Lebensgemeinschaften schliessen. In Eurasien sind Informationen in Form von organischem Material, das eine wichtige Komponente innerhalb der Auswahl von Grabbeigaben dargestellt hätte, verlorengegangen. In Zentralasien wurde dafür mehr gefunden, weil das Vorhandensein eines Permafrostbodens die Konservierung unterstützte. Der nomadische Existenzzyklus ist für das Verständnis dieser Vergangenheit mit mobilen Hirten, die in der Landschaft umherzogen, und die Gestaltung ihres Lebensraums im Alltag ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Diese Beziehungen sind sicherlich auch auf eine gesamte Kosmologie (Weltanschauung) oder religiöse Praktiken zurückzuführen: wie damals Gruppen ihre Bestattungsrituale durchführten, wie sie all die Materialien (z.B. Skelette, Faunenreste, Keramik, Waffen etc.) einbanden. Wichtige gesellschaftliche Elemente wie Reichtum, Macht und Weltanschauung lassen sich innerhalb solcher Muster im Zusammenhang mit dem Totenkult betrachten. So geben Verstorbene Auskunft über die rituellen Vorgänge der Lebenden, über deren Alters- und Geschlechterstruktur und ihre Ernährung.


- Ausgrabungen in Skandinavien und auf der Halbinsel Kola im angrenzenden Russland
Fenno-Skandinavien“ bzw. „Fennoskandinavien“ („Lappland“*) sind geographische und geologische Begriffe, mit denen die skandinavische Halbinsel, die Halbinsel Kola, Karelien und Finnland gemeint sind und deren Bevölkerung als „die Samen“ (Sämi – Sami people) bezeichnet wird.
  • *Das Wort „Lapp“ wird im Lexikon auf „lapponicum“ zurückgeführt, auch „Fenni“ findet sich in klassischen römischen und griechischen Werken.

Seit prähistorischen Zeiten, lange bevor nationale Grenzen ein Begriff waren, siedelten Gruppen im arktischen Europa, das sich heute über Norwegen, Schweden, Finnland und die russische Halbinsel Kola erstreckt. Diese Gruppen besiedelten die nördlichen arktischen und subarktischen Regionen seit 5000 Jahren. Die Samen werden zu den arktischen Völkern gezählt. Felszeichnungen und archäologische Funde in Siedlungen aus der Zeit um 10.000 v. Chr. wurden gefunden. Man nannte sie „Komsa" (Samen), ein mittlerweile veralteter Begriff für diese Kultur einer Gruppe von Jägern und Sammlern aus der späten Altstein- und Mittelsteinzeit. Eine kulturelle Kontinuität bestand zwischen Menschen der Steinzeit und den Samen, denn es sind Ähnlichkeiten von Mustern und Dekorationen auf Gegenständen aus Knochen festzustellen.

Auf Grund neuerer archäologischer Entdeckungen im finnischen Lappland wird diese „Komsa"-Kultur zu einer ursprünglich kontinental siedelnden Gruppe zugeordnet, die mit etwa gleichzeitig getätigten Funden an der Südküste Norwegens im Zusammenhang stehen. Es wird vermutet, dass sie infolge des Rückzugs der Gletscher der arktischen Küste am Ende der letzten Eiszeit (zwischen 11000 und 8000 v. Chr.) hier auf neuem Boden siedelten, u.a. in der Finnmark im Nordosten und an der Küste der Halbinsel Kola. Sie bilden die frühesten Siedlungsgruppen in der Region und dürfen somit als eine indigene Bevölkerung betrachtet werden.

Sämi, Sami oder Saami zählen heute zu den arktischen Ureinwohnern im Raum Säpmi (
siehe Karte). Ihre traditionelle Sprache ist die samische Sprache (siehe Karte), die dem finnougrischen Zweig der uralischen Sprachfamilie zugeordnet wird, und ist eng mit den ostseefinnischen Sprachen wie dem Estnischen verwandt. Traditionell siedelten die Samen am Meer, den Fjorden und Binnenwasserstrassen Norwegens entlang. Sie ernährten sich von der Landwirtschaft mit Vieh, von Schafen, vom Fallenstellen und von Fischen. Eine Minderheit, die in den nahen Bergen siedelte, spezialisierte sich auch auf die Jagd von wilden Rentieren und begann, ihre Herden zu zähmen.

Die Stämme der traditionellen samische Religion wies vielerlei verschiedene Überzeugungen und Praktiken auf. Diese Religion ist eng mit dem Land, einer Form des Animismus bzw. des Glaubens an übernatürliche Kräfte verbunden. Ihre Spiritualität wird oft mit einem Pantheonismus, der starken Betonung einer persönlichen Spiritualität und Vernetzung mit dem täglichen Leben assoziiert. Eine Verbindung zwischen natürlichen und geistigen „Welten“ wurde aufgebaut. Neben anderen Rollen innerhalb der Gemeinschaft stellen die samischen Schamanen oder Noaidi direkte Kommunikation mit übernatürlichen Kräften her, obwohl auch sie in Ritualen die Verwendung von Trommeln, Gesängen und sakralen Gegenständen in Anspruch nahmen. Einige Praktiken innerhalb samischer Religionen waren natürlich auch mit heiligen Stätten verbunden, etwa mit Bergen, Quellen und bestimmten Formen von Land, denen geopfert wurde. Von Menschen gemachte Felszeichnungen (Petroglyphen) oder Labyrinthe deuten auf solche mystischen Plätze hin.

Wesentliche Elemente der samischen Kultur sind unter anderem der
Joik*, eine in samischer Sprache vorgetragene Legende, ihre Hütten und Zelte, die Volksmedizin, Trachten, die Verwendung von Rentierschlitten für den Transport, die Herstellung von geschnitzten Gegenständen und ihre Kenntnisse von Ökologie und Natur.

  • *Joik ist die ursprüngliche Form der samischen Musik, die aus rhythmisch gesungenen Gedichten oder poetisch vorgetragenen Liedern besteht und einen integralen Bestandteil der alten Sami-Religion des Schamanismus bildet. Als kulturelles Ausdrucksmittel ist der Joik sehr vielfältig, der Sänger kann über ein Thema mehrere Variationen finden. Zu den beliebtesten Arten von Joik zählen jene, die Merkmale einer bestimmten Person beschreiben.

Die Migration eines finnougrischen sprechenden Stammes weiter nach Osten ist am Fluss Ob, nahe dem Ural zu finden. In Westsibirien siedelten die „Samojeden“, genannt: Jagdmenschen, die eine ähnliche finnougrische Sprache sprechen und von Rentierzucht leben. Sie kennen ähnliche schamanistische Glaubensvorstellungen, die heute noch existieren. Rätselhaft bleibt daher die Herkunft der Sami. Obwohl die Sami, der uralischen Sprachfamilie der finnougrischen Sprachen zugeordnet werden können, haben diese nicht die gleichen genetischen Daten wie die ugrischen Völker. Studien zeigen, dass die Männer enger mit den Jagdmenschen von Sibirien verwandt sind, jedoch nicht die Frauen. Diese haben hauptsächlich mit anderen Volksgruppen in Europa einen gemeinsamen Code. Auch archäologische Funde zeigen, dass die Sami innerhalb Europas eher zu den Ureinwohnern gehören, die hier siedelten, bevor indoeuropäische Stämme einwanderten. Blutgruppenstudien zeigen, dass sie eine einzigartige Blutgruppe A2 mit den Ureinwohnern in Polynesien im Pazifik teilen!

- siehe Karte der indigenen Völker Sibiriens –
Indigenous People of Siberia

Wissenschaftler glauben heute, dass die Samen von Fischern und Jägern, die entlang der Grenze des schmelzenden Inlandeises in Europa gegen Ende der letzten Eiszeit lebten, also etwa 13000 v. Chr. Rund 10000 v. Chr. begann das Eis sich zurückzuziehen, und mit ihm wanderte eine Mehrheit dieser Jäger-Sammler-Gruppe nach Osten. Eine kleinere Gruppe folgte dem schmalen Küstenstreifen von Norwegen nach Norden. Zwischen diesen beiden Gruppen war eine riesige Eisbarriere, die sie getrennt hielt. Dies dürfte ein Grund für den genetischen Unterschied zwischen den Samen und der uralischen Gruppe sein. Um 8000 v. Chr. war das Eis endgültig geschmolzen, und allmählich kamen die Menschen aus Norwegen in Kontakt mit denen, die in Russland siedelten. Ab etwa 6000 v. Chr. hatte sich eine gemeinsame Kultur in diesem arktischen Raum im Norden entwickelt, wo die ostfinnougrische Sprache sich zur samischen Sprache von heute formte.

Sami-Familie (siehe Foto), Norwegen, um 1900. Szenenfoto aus „Wikipedia, Die freie Enzyklopädie“

Archäologische Funde haben gezeigt, dass im ersten Jahrtausend v. Chr. Kontakte zwischen Fennoskandinavien (Lappland) und dem sibirischen Raum bestanden. Beim Grundwissen über Rentierzucht um diese Zeit lagen in diesem nördlichen Raum Parallelen vor. Es scheint offensichtlich, dass mythologische Motive in vorchristlichen Sami-Gesellschaften mit ähnlichen Glaubensvorstellungen mit einer nomadischen Pferdezüchtergruppe in der östlichen Steppe zu erkennen war. Funde enthalten dieses „Ruto“-Motiv (Saami-Ruto-Kult). Ein mythologischer Reiter auf dem Pferd herrscht über die Welt der Toten. Gefundenes Kunsthandwerk aus Skandinavien und Westsibirien bestätigte eine Existenz solcher Kontakte über lange Distanzen. Rentierausrüstungen bestanden hauptsächlich aus organischem Material, wie Knochen, Holz oder Leder und wurden in gut erhaltenem Zustand im Torf- oder Permafrostboden gefunden. Eine Rentierwirtschaft mit grossen Herden erforderte jedoch das Aufsuchen neuer Weiden, um genug Futter zur Verfügung zu haben. Ein Übergang von der sesshaften Jagdgesellschaft mit der Haltung von gezähmten Tieren mit Weidewirtschaft und Siedlungsstrukturen hatte keine Zukunft. Diese Rentierjäger hatten Kontakte zu Viehzüchternomaden, Ackerbauern und Metallurgen im eurasiatischen und sibirischen Raum. Diese hatten einen wichtigen Einfluss auf den Übergang von der Jagd- und Sammlergemeinschaft zur Weidewirtschaft und zu Wanderungen mit grossen Herden. Soziale Gemeinschaften und ideologische Überzeugungen standen über weite Strecken unter gegenseitigem Einfluss.

- siehe Karte dieser
Ost-West-Kontakte und der Wanderungen mit Herden im Norden

Fennoskandinavien kann als westlichster Teil im Norden einer „Steinzeitwelt“ bezeichnet werden, mit den Protogermanen (1) als Nachbarn. Das Gebiet wurde auch von nordeuropäischen Völkern bewohnt. Kontakte zu Sibirien bestanden schon damals, um das 8. und 7. Jahrhundert v. Chr., die die bisherige Wirtschaft und Kultur veränderte, vor allem durch Beziehungen mit der Ananino-Kultur (2), deren metallurgische Zentren im Osten lagen. Rentierzucht war vermutlich während des ersten Jahrtausends v. Chr. in Sibirien eingeführt worden, wahrscheinlich entwickelte sich jedoch ein solches Rentiernomadentum erst viel später. Während des 1. Jahrhunderts n. Chr. hatten die nördlichen Stämme, wie der römische Schriftsteller Tacitus beschrieb, von der Jagd gelebt. Tacitus erwähnt sie in seinem Buch „De origine et situ Germanorum“ um 98 v. Chr. als „Fenni“. Ende des ersten Jahrtausends v. Chr. ist ein Rückgang an Siedlungsplätzen in den Steppen im südlichen Ural mit einer gleichzeitigen Zunahme von Siedlungen in den Waldsteppenzonen zu bemerken. Bis Mitte des ersten Jahrtausends n. Chr. hatte eine starke Entwicklung der Eisen- und Metallverarbeitung in der Waldsteppenzone stattgefunden, die auch in den westsibirischen Waldzonen Einzug gehalten hatte. Vielleicht entstand die parallele Entwicklung im nördlichen Fennoskandinavien. Jagd und Fischerei mit Siedlungsplätzen wurden entlang der Küste und im Landesinneren rund um Flüsse und Seen gefunden; Tiere in diesem Raum stellten natürliche Quellen für den Lebenserhalt bis ca. 400 n. Chr. dar. Die Siedlungen waren vor allem an Ufern von Flüssen und Seen gelegen, die Wasserstrassen waren für den Transport und die Kontakte wichtig. Fisch war eine bedeutende Quelle von Lebensmitteln und für den Handel. Siedlungen wurden auch in einiger Entfernung von Fluss- und Seeufern gebaut und waren in Wäldern in der Nähe von Mooren und kleinen Süsswasserströmen zu finden. Die neueren Wirtschaftsstrategien umfassten verstärkt Interaktionen mit benachbarten bäuerlichen Gemeinschaften (Viehzucht und Ackerbau). Die Jagd auf wilde Rentiere sowie kleinere Pelztiere gewann für den Austausch und zur ökologischen Grundlage zwischen den Sami-Gesellschaften und den Nachbarvölkern an Bedeutung. Eine Rentierweidewirtschaft entstand wahrscheinlich erst in der Wikingerzeit (3). Die transportablen Zelte befanden sich in der Nähe der Rentiersommerweiden auf dem Gelände. Der grösste Teil der festen Siedlungen mit Fallgruben für die wilden Rentiere lassen unterschiedliche geographische Verhaltensmuster erkennen. In der Regel gab es in den Tälern, wo Rentiere zwischen den Sommer- und Winterweiden wanderten, ein Fallgrubensystem. Kontakte zum Osten gehen sehr weit zurück, und Kontakte zum Süden und Südosten entstehen erst während der Wikingerzeit (800 bis 1050 n. Chr.) durch Wanderungen an weiter entfernte Weideplätze.

  • Der griechische Historiker Prokop berichtet 555 n. Chr. von einem Krieg zwischen Römern und Goten. Er verweist dabei auf Skandinavien als „Thule“, und unter seinen Bewohnern war ein Volk, das er „skridfinns“ nannte.
  • Auch Paulus Diaconus erwähnt um 750 n. Chr. die „skridfinns“ als Jäger und Skifahrer, die den Hirschen ähnliche Tiere (Rentiere) halten.
  • Die isländischen Sagas bestätigen diese Beobachtungen.
  • Im 13. Jahrhundert wird in Sagen vom 10. bis zum 13. Jahrhundert n. Chr. von Händlern berichtet, die Verhandlungen mit den Sami über den Kauf und Verkauf von Waren und über Steuern führen. Tierhäute waren damals die beliebteste Ware, während früher zu Wikingerzeiten und später im Mittelalter, nach Pelzen die grössere Nachfrage unter den Völkern im Norden bestanden.
  • Quellen zu den Sami in frühgeschichtlicher Zeit finden sich in Schriften von Ottar Ende des 9. Jahrhunderts n. Chr. Ottar, der vermutlich aus Malangen in Nordnorwegen stammte, diente am Hof des englischen Königs Alfred des Grossen. In seinen Beschreibungen aus der Heimat, wahrscheinlich einer Version von Orosius’ „Geschichten der Welt", berichtet Ottar, dass er 800 Hausrentiere und mehrere Locktiere hielt, die besonders wertvoll waren, aber seine wichtigste Quelle zum Lebensunterhalt war die Einhebung von Steuern.
  • Im Jahre 1673 brachte Johannes Schefferus das Buch „Lapponia“ mit Informationen über das Leben der Sami heraus.

Mit dem Bevölkerungswachstum innerhalb ursprünglich siedelnder Gruppen waren durch den höheren Nahrungsbedarf Veränderungen verbunden. Darüber hinaus können klimatische Veränderungen dazu beigetragen haben, den Umzug und Bau neuer Siedlungen zu fördern. Konkret wurden Rentiere gezähmt und für Transporte ausgebildet: Es entstand die neue Praxis der Wanderung mit Herden. Der Übergang von einer von Jagd und Fischerei lebenden Gruppe zu Rentierzüchtern mit nomadischem Zusammenleben erfolgte in Skandinavien zu einem früheren Stadium als in Sibirien. Anpassungen an Fluss- und See-Ressourcen waren im Norden von grosser Bedeutung. Die Veränderung der Siedlungsstruktur um 400 n. Chr. brachte eine Umstellung der bisherigen langen Tradition in Richtung Rentierzucht und Weidewirtschaft. Ende des ersten Jahrtausends v. Chr. und mit Beginn des ersten Jahrtausends n. Chr. war eine Ära zu Ende, die den wirtschaftlichen Aufstieg und Kontakte zu Nachbarstämmen förderte. Der Einfluss von Stammesgemeinschaften schwand.

  • (1) Als Germanen werden einige Stämme in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren Identität in der Forschung traditionell durch die Sprache bestimmt wird. Kennzeichnend für diese Volksgruppenmischung war eine bestimmte Lautverschiebung gegenüber der rekonstruierten indogermanischen Sprachfamilie (siehe Karte), die als germanische oder erste Lautverschiebung bezeichnet wird.
    Ab der Zeitenwende prägte der Kontakt mit den Römern die germanische Welt wie auch die Entwicklung des Römischen Reiches, das sich mit der germanischen Welt zunehmend verband. In der Spätantike kam es im Verlauf der Völkerwanderung zu weitreichenden Gemeinschaften mehrerer germanischer Stämme, die teils grössere Verbände bildeten (Ethnogenese – Entstehung eines Volkes), und schliesslich zu deren Einfall im Römischem Reich. Einige dieser Gruppen gründeten Reiche nach altrömischen Vorbild auf dem Boden des Westreiches, das 476/80 n. Chr. unterging. Elemente der germanischen Religion hielten durch Akkommodation (Missionieren) im angenommenen Christentum Einzug.

    - Weitere Informationen zu den Germanen siehe weiter unten:
    Wanderung germanischer Stämme

  • (2) Die Ananino-Kultur (ca. 800 bis 300 v. Chr.) ist eine archäologische Bezeichnung der Eisenzeit im Bereich der mittleren Wolga (vom Fluss Wetluga bis zur Stadt Uljanowski) und im Becken des Flusses Kama. Überreste konnten sogar bei Birsk und noch weiter nördlich bei Petshona entdeckt werden. In der Wolga-Region und im unteren Kama-Gebiet reichen die Spuren bis ins 6., in anderen Gebieten bis ins 3. und 2. Jahrhundert v. Chr.

    - Menschliche Siedlungen stammen aus dem Paläolithikum. Reste mehrerer Kulturen der Stein- und Bronzezeit wurden entdeckt. In der Eisenzeit (8. bis 2. Jahrhundert v. Chr.) dominierte die Ananino-Kultur wahrscheinlich ein finnougrisches Volk im Bereich der oberen Wolga und in den Tälern des Flusses Kama, Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. im westlichen Teil. Diese Kultur wurde von der Gorodez-Kultur abgelöst.
    Im 4. Jahrhundert v. Chr. siedelte ein Grossteil im Wolga-Kama-Becken und wurde von Stämmen der Imänkiskä kontrolliert, die mit dem Weltbild der Skythen vertraut waren. Ihre Lautsprache kann auch der indoeuropäischen Sprachfamilie zugeordnet werden. Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr. erschien an der unteren Kama eine neue Gruppe, genannt Pjanobor-Kultur (wahrscheinlich finnischen Ursprungs).
    Während der grossen Völkerwanderung drangen türkische und ugrische Stämme aus Sibirien von Osten in der mittleren Wolga ein und siedelten hier. Sie verdrängten die Pjanobor-Kultur aus dem Kama-Becken. Die Pjanobor-Stämme siedelten anschliessend noch im nördlichen und westlichen Teil der heutigen Republik Tatarstan. Diese liegt westlich des Uralgebirges am Zusammenfluss von Wolga und Kama.

  • (3) Als Wikinger werden Angehörige von kriegerischen Seefahrergruppen meist germanischer Völker bezeichnet (es gab darunter auch Balten aus dem Nord- und Ostseeraum). „Wikinger“ war nie eine ethnische Bezeichnung.

    In der zeitgenössischen Wahrnehmung stellten die Wikinger nur einen sehr kleinen Teil der skandinavischen Bevölkerung dar. Dabei können zwei Gruppen unterschieden werden: Die einen betrieben den ufernahen Raub zeitlich begrenzt, nur in einem frühen Lebensabschnitt. Es waren junge Männer, die die Bande mit der Heimat zerrissen und Ruhm, Reichtum und Abenteuer in der Ferne suchten. Später liessen sie sich wie ihre Vorfahren nieder und betrieben die in ihrer Gegend übliche Wirtschaft. Von ihnen berichten die Sagas (altnordische Literatur) und Runensteine. Für die anderen wurde der ufernahe Raub zum Lebensinhalt. Von ihnen wird in den fränkischen und angelsächsischen Annalen und Chroniken berichtet. Sie kehrten nicht mehr in die Heimat zurück und waren in die heimatliche Gesellschaft nicht mehr integrierbar, sondern als Verbrecher bekämpft.
    Die Wikingerzeit im skandinavischen Raum wird von verschiedenen Forschern unterschiedlich bestimmt. Als frühester Anfangszeitpunkt wird der Kriegszug des Dänen Chlochilaicus zwischen 516 und 522 n. Chr. genannt. In der Regel wird aber erst der Überfall auf Lindisfarne 793 n Chr. als Beginn der Wikingerzeit erachtet. Das Ende wird auf 1066 n. Chr. datiert, obgleich das Strandräuberunwesen bereits früher stattfand (Karte der
    Wikingerreisen und Wikingersiedlungen). Die Wikingerzeit war durch ein grossräumiges Netzwerk von Freundschaften, also durch den rituellen Austausch von Geschenken begründete Verbindungen mit gegenseitigen Verpflichtungen einerseits und die Bindung des Einzelnen an die Sippe mit ausgeprägtem Ahnenkult und dessen Konfrontation mit dem Christentum andererseits geprägt. Dadurch ging man von kleinen Herrschern immer stärker zu Zentralgewalten über. Der Fortschritt im Schiffsbau und die damit verbundene Mobilität sowohl im Krieg als auch im Handel brachte Reichtum und kulturelle Blüte.

    Manche Autoren wenden den Begriff „Wikingerzeit“ auch auf die Geschichte der Rus an. Das hängt damit zusammen, dass viele kulturelle Entwicklungen in der Wikingerzeit schwerpunktmässig im Ostseeraum stattfanden.

  • - Rus (ostslawisch, lateinisch: Ruthenia) ist eine historische Bezeichnung für ein Gebiet in Osteuropa, auf dem die Ostslawen ursprünglich beheimatet waren. Der Name leitet sich vom Volk der Rus ab, welche vermutlich normannischer Abstammung waren und in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends n. Chr. die Flüsse dieser Region (altnordisch: Gardarike) befuhren. Der Name wird heute überwiegend aus dem nordischen „roör“ = „Rudern, Rudermannschaft“ hergeleitet. Der erste Staat auf diesem Gebiet war die Kiewer Rus, die im 11. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebte. In der modernen russischen Sprache wird das Wort auch als literarisches Synonym für Russland verwendet, das die Ukraine und Weißrussland miteinbezieht.
    Zur Herkunft der Rus existieren unterschiedliche Theorien. Eine der gängigsten ist die normannische Theorie, nach der die Rus mit Waräger genannten Völkerschaften im schwedischen Raum verwandt waren, die nach Funden aus dem 7. bis 9. Jahrhundert n. Chr. in Lettland und an der Schwelle zur Wikingerzeit in Staraja Ladoga (gegründet um 750 n. Chr.) siedelten und im Nordwesten Russlands einwanderten. In weniger als einem Jahrhundert breiteten sie sich nach Südosten (nach den Annales Bertiniani für das Jahr 839 n. Chr.) bis an die Grenzen des Byzantinischen Reiches (820 bis 912 n. Chr.) aus. Schatzfunde in Staraja Ladoga enthalten orientalische Münzen und skandinavische Fundstücke aus der Zeit um 750 n. Chr., woraus zu schliessen ist, dass zu dieser Zeit Ostfahrer bereits Zugang zu orientalischem Silber hatten. Auch in Grobina (Lettland) wurden mehrere skandinavische Felder mit Hügelgräbern und Gräberfelder (Flachgräber) mit Brandbestattungen aus der Vendelzeit (Bezeichnung einer Epoche der schwedischen Frühgeschichte zwischen 550 und 800 n. Chr.) gefunden.
    In der Nestorchronik spielen die Rus und die Waräger eine herausragende Rolle. Rus ist dort die Bezeichnung für ein Volk oder jene Gesellschaftsschicht, die die Macht ausübte, und Rus wurde auch zum Namen ihres Gebietes, ähnlich wie die Begriffe „Böhmen“ oder „Ungarn“.

  • - Als Slawen wird eine Gruppe von Völkern bezeichnet, die eine slawische Sprache sprechen und vor allem Ostmitteleuropa, Osteuropa und Südosteuropa besiedelten. Die slawischen Sprachen sind neben den germanischen, romanischen und keltischen Sprachen eine der Hauptgruppen der indogermanischen Sprachfamilie in Europa. Forscher sind noch immer auf der Suche nach dem Ursprungsgebiet der Slawen. Da die slawische Schrift erst im 9. Jahrhundert n. Chr. entwickelt wurde (Glagolitische Schrift) und die frühen Slawen abseits der lese- und schreibkundigen Zivilisation lebten, sind schriftliche Aufzeichnungen über sie rar. Ursprünglich siedelten die Wenden an der Weichsel, die Slawen zwischen Weichsel und Donau und die Anten zwischen Dnjestr und Don. Die verschiedenen Stämme wurden durch die einbrechenden Goten unterwandert oder verdrängt. In oströmischen Quellen wird von zahlreichen Slawen und Anten berichtet, die im 6. Jahrhundert n. Chr. aus den Karpaten, von der unteren Donau und vom Schwarzmeer kommend in die Donauprovinzen des Oströmischen Reiches einfielen. Vor allem polnische und tschechische Wissenschaftler nehmen an, dass die vorgeschichtlichen Slawen mit der Lausitzer Kultur identisch sind, was von anderen aber wieder bestritten wird. Erst mit ihrer Erwähnung in den oströmischen Quellen werden die Slawen als historische Grösse greifbar, wobei diese grosse Gruppe keineswegs als ethnisch homogene Gruppierung aufgetreten sein dürfte, wenngleich sie von aussen als solche gesehen wurden. Neu entstandene Grossverbände in der Völkerwanderungszeit waren meist fragil und polyethnisch zusammengesetzt, das heisst, sie setzten sich aus Personen und Gruppen unterschiedlicher Herkunft zusammen, die allein durch den Glauben an eine gemeinsame Ideologie, Zukunft und Kultur sowie durch ihre gemeinsame Abstammung zusammengehalten wurden, aber nicht zwangsläufig tatsächlich auf einer gemeinsamen Kultur und Sprache gründeten. Ethnogenese ist ein historischer Prozess, an dessen Ende in diesem Fall das historisch greifbare „Volk“ der Slawen stand. Für die Bildung der slawischen Sprache (Topogenese) konnte mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Gebiet zwischen mittlerer Weichsel beziehungsweise Bug und mittlerem Dnjepr (Dnepr) herausgearbeitet werden. Doch nicht allein die Wanderungen der Träger dieser Sprache, sondern auch die Assimilation von Menschen verschiedener Herkunft führte zu einer „Slawisierung“ in Ostmittel- und Osteuropa.
    Als geschichtliches Volk erscheinen die Slawen zuerst unter dem Namen der Serben (Sporen) und der Veneter, sie waren unter diesem Namen bis ins 5. Jahrhundert n. Chr. in den Ländern zwischen Ostsee und dem Schwarzmeer ansässig, zwischen den Karpaten und dem Don, von der oberen Wolga bis nach Nowgorod und von dort bis zur Scheide der Weichsel und der Oder. Etwa mit dem 6. Jahrhundert n. Chr. tauchen die Namen Anten (für die Ostslawen, obwohl das historische Volk der Anten vielleicht gar nicht slawisch war) und (für manche Westslawen) Sloveni auf. Beide erhielten sich aber als Gesamtbezeichnung nicht lange, und der Name Serben verengte sich bis zur Benennung einzelner slawischer Stämme. Aus der Bezeichnung Veneter aber wurde Wenden, wie die Slawen bei den Deutschen bezeichnet werden (die heutigen Sorben). Die Bezeichnung Slawen ist zumindest seit dem frühen Mittelalter üblich, Adam von Bremen bezeichnet sie in seiner Chronik des Erzbistums Hamburg als Sclavi.

    - Karten:
    Herkunft der SlawenSlawenexpansionslawische Sprachen

  • - Als Waräger wurden skandinavische, insbesondere durch Eide und Schwüre sowie gemeinsame Handelsinteressen verbundene bewaffnete Männerbünde bezeichnet, die zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert n. Chr. im Baltikum und in Osteuropa aktiv waren. Sie nutzten grosse Flüsse wie Wolchow, Newa, Düna, Wolga, Dnjepr und Don, um sich im osteuropäischen Tiefland fortzubewegen. Die Waräger traten als Händler, Krieger und Siedler auf. Bei ihren Handelsfahrten über das Schwarzmeer kamen sie bis nach Konstantinopel, wo sie zeitweise die Leibgarde (Warägergarde) des oströmischen Kaisers stellten. Über das Kaspische Meer kamen sie sogar bis nach Bagdad. Auch die Leibwachen von russischen Fürsten, die Druschinas, gehen auf warägische Schwurgemeinschaften zurück. Die Waräger waren an der Gründung des Reiches der Kiewer Rus mitbeteiligt. Ab dem 9. Jahrhundert n. Chr. siedelten sie sich zunächst als Söldner, dann als Adels- und Anführerschicht unter den Ostslawen an. Die in Russland ansässigen Skandinavier waren bis zum Ende des 10. Jahrhunderts n. Chr. vollständig slawisiert. Von nun an wurden sie nicht mehr Waräger (russ. Warjagi) genannt, denn das Wort „Waräger“ bezeichnete Fremde, niemals Einheimische bzw. Integrierte.


- Wanderungen vom 1. bis zum 6. Jahrhundert n. Chr. innerhalb der Pannonischen Steppe und von Norden nach Süden
Bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. hatten innerhalb der oberen Region der Pannonischen Steppe und im Norden Wanderungen von Stämmen stattgefunden. Diese wurden erstmals von den Vandalen (1) um 401 n. Chr. durchgeführt, später von Alarich, König der Westgoten und Herrscher der Germanen, der auch Rom einnahm, aber auch vom gotischen Heerführer Radagaisus um 405 n. Chr. Die Hunnen und ihre Verbündeten, die Skythen, fielen um 408 n. Chr. ebenfalls hier im unteren Donaugebiet ein, die dort siedelnde Bevölkerung wurde besiegt, und die Gefangenen wurden zu Sklaven gemacht. Der Druck nahm ab, und um 420 n. Chr. waren grosse Teile der Pannonischen Steppe unter der Kontrolle der hier eingedrungenen Stämme.
  • (1) Die Vandalen sind ein germanisches Volk, das zur ostgermanischen Sprachgruppe gezählt wird. Zur Zeit des Tacitus siedelten die Vandalen zunächst im nordöstlichen „Germanien“, breiteten sich später aber weiter aus und wanderten im 5. Jahrhundert infolge der Völkerwanderung grösstenteils nach Spanien und schliesslich nach Nordafrika aus. Mit der Zerschlagung des Vandalenreichs im 6. Jahrhundert durch oströmische Truppen verlieren sich ihre Spuren (siehe Karte).

Ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. wurde es immer schwieriger für das römische Reich, seine politische Autorität durchzusetzen und die Grenzgebiete zu verwalten; es wurde nötig, Kontakte und Beziehungen zu Nachbarkulturen neu zu fördern, um ihre politische Macht in Europa zu stabilisieren. Völker drangen in das europäische Gebiet ein, bauten Siedlungen und liessen sich hier nieder. Germanenstämme erschienen an der Nordküste des Schwarzmeeres während der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. und brachten Veränderungen in bestehende Strukturen. Zuvor stand diese Region unter der Kontrolle der am Bosporus siedelnden Kimmerer. Sie hatten hier ein Königreich mit Stämmen der Alanen und Sarmaten gebildet und ihre eigenen Dörfer gegründet. Sie wohnten in ungebrannten Lehmhäusern mit Steinplattenbefestigung, betrieben Landwirtschaft mit Viehzucht und Ackerbau, beherrschten die Metallverarbeitung und förderten eine eigene Keramik. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. erhöhten germanische Stämme im Bund mit den Alanen den Siedlungsdruck und migrierten in den Raum der Kimmerer. Folglich bestimmte ein enormes Bevölkerungswachstum den Alltag und brachte eine Reihe neuer Sitten, Kunstformen und neue Kleidung für Männer und Frauen.
Völkerwanderungen: Viele Autoren stellen einen Zusammenhang zwischen den Wanderungen im 3. bis 6. Jahrhundert n. Chr. und den späteren Normannenzügen im 8. und 9. Jahrhundert her. So wird von einer „Völkerwanderung zur See“ gesprochen. Die zunehmende Schwäche des christlich-fränkischen Reiches nach dem Tode Karls des Grossen ermunterten die Normannen, den Kampf gegen das westliche Europa aufzunehmen, und sie konnten noch einmal alle Kräfte des zurückgedrängten Heidentums bündeln. Archäologische Funde belegen, dass Ende des 5. Jahrhunderts eine Expansion aus Gotland in Richtung Ostbaltikum stattfand. Während die Einwohner aus dem Osten ihre Kriegszüge vorwiegend nach Westen orientierten, zogen die Bewohner aus dem Gebiet am Mälarsee aus Gotland, Öland entlang der heutigen Ostküste Schwedens südwärts nach Osten bis zum Kaspischen Meer. Sie suchten Kontakt zu arabischen Kaufleuten und gründeten Handelsplätze in Nowgorod, Staraja Ladoga und Kiew (siehe Karte der Wikingerzüge).

Wanderungen nach Süden von Vandalen, Alanen, Sueben, Gepiden, Rugiern und Langobarden führten schlussendlich zum Untergang des Römischen Reiches und zur Gründung einer germanischen Herrschaft. Erste grundlegende Schritte zu einem soziopolitischen Stammesverband entstanden zwischen den Siedlungen im 1. bis 6. Jahrhundert n. Chr. (siehe Karte der
Völkerwanderungen) auf Basis einer Ausbeutung der Weiden, Wälder und Wildtiere und aufgrund von Kontakten zu den Römern. Während ihrer Wanderungen nach Westen siedelten die zugewanderten Stämme aus dem Osten zwischen zwei grossen Wasserstrassen der Wolga und des Don. Es existiert bereits eine Westroute von der Ukraine und Weissrussland über die bewaldeten Flächen in Westeuropa. Die anderen, weniger komfortablen Routen verliefen entlang des unteren Donautals zur Grossen Ungarischen Tiefebene. Die westeuropäischen Regionen waren Ziel mehrerer aufeinanderfolgender Wellen von Völkerwanderungen von Osten nach Westen und von Norden nach Süden. Die Goten, die Alanen, die Sarmaten, die Hunnen, die Awaren, die Bulgaren und die Mongolen – sie alle spielten eine entscheidende Rolle für diese Besiedlungsgeschichte in Europa zwischen dem 8. Jahrhundert v. Chr. und dem 13. Jahrhundert n. Chr.

- Weitere Informationen zu den Stämmen siehe „Geschichte der Reiternomaden“.

Die
Goten (1) besetzten anfänglich die nordeuropäischen Ebenen der Pannonischen Moore und Sümpfe der Grossen Weissrussischen Ebene. Ihre Entwicklung nahm ihren Anfang im Norden der Nord- und Ostsee und grenzte an die Steppe, wo die Völker des Ostens siedelten. Die Überbevölkerung hatte Wanderung auf erweiterten Routen nach Süden bis zu den Ebenen der Moldau und der unteren Donau ausgelöst. Man siedelte auch auf der Krim. Der Druck der Hunnen (2) aus dem Osten in Richtung der Karpatenregion und ins Herz des Weströmischen Reiches wurde immer stärker. Schliesslich durchwanderten sie die ganze Iberische Halbinsel, die damals noch unter der bis zur islamischen Eroberung im Jahre 719 n. Chr. andauerden Kontrolle der westgotischen Könige von Toledo stand. Die Hunnen lebten nach ihrem Eindringen aus dem Osten in den Steppen am Schwarzmeer und in der Pannonischen Tiefebene. Ihr Lebensstil und ihre kulturelle Weltanschauung hatten so manches mit den im Osten lebenden Hirtennomaden gemeinsam, die mit grossen Herden von Weide zu Weide wanderten. Bei einigen der Stämme hatte ein Halbnomadentum mit kleinen Siedlungen bestanden. Das ermöglichte Kontakte zu Nomadenstämmen, die an der mittleren und unteren Wolga lebten, und es gab Verbindungen über den Ural bis zur chinesischen Grenze. Die Alanen, die Skythen und die Sarmaten waren, wie in chinesischen Annalen berichtet wird, Teil einer indoeuropäischen iranischen Gruppe, die sich nach dem 1. Jahrhundert n. Chr. dieser Stammeskonföderation anschloss. Sie besetzten das Land zwischen dem Don und dem Aralsee und herrschten über die Region nördlich des Kaukasus. Funde bestätigen, dass sich von hier aus Stämme sich zu Wanderungen in südliche Regionen und nach Westen aufmachten. Es ist durchaus möglich und wird teilweise auch in Texten von römischen Chronisten bestätigt, dass in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. von hier aus über die Alanen (3) erste Kontakte mit anderen Steppenvölkern bestanden. Das zeigen Funde von alanischen Kurgane, die Ähnlichkeiten aufwiesen und in der Regel mit einem langen Zugang (Dromos) über den Gräbern und einem konstruierten Raum für Grabbeigaben ausgerüstet waren. Vorgefundenes Kunsthandwerk aus dem 1. bis 2. Jahrhundert n. Chr. als Grabbeilagen waren sehr ähnlich. Die Alanen lebten bis zur zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. in der Nähe des Asowschen Meeres einen nomadischen Lebensstil mit Herden. Weder bauten sie Hütten, noch bepflanzten sie Äcker. Sie benutzten mit Rinderhaut bedeckte Wagen und zogen in Familienverbänden durch die grenzenlosen Steppen. Mit ihren Herden wanderten sie von Weide zu Weide. Das Pferd genoss bei ihnen einen hohen Stellenwert.

  • (1) Nach ihrem Herkunftsmythos stammen die Goten von der Insel Scandza. Doch älteren Forschungen zufolge verliessen die Goten um das Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. ihre angebliche Heimat in Südschweden und/oder die Insel Gotland, zogen über das Meer und liessen sich auf dem Gebiet des heutigen Polen nieder. Die Deutung als Urheimat hat in letzter Zeit an Zustimmung gewonnen, erscheint aber nicht zwingend.
    Möglich ist auch, dass sich die Goten als polyethnischer Verband zunächst auf dem Boden des heutigen Polen bildeten. Als Zentrum der frühgermanischen Kulturen wird das Gebiet des heutigen Dänemark ebenso angenommen wie Südschweden und Norddeutschland. Von hier aus breiteten sich die Goten seit Mitte/Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. vor allem nach Süden und Südosten aus. Nach 150 n. Chr. verschob sich ihr Siedlungsraum in Richtung Schwarzmeer.

  • (2) Die Hunnen siedelten vorerst in der nördlichen Kaukasusregion in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. Früh störten sie Systeme einer territorialen Besiedlung mit Eroberungen. Bis heute gibt es noch keine Einigung über ihre ursprüngliche Herkunft und ethnische Merkmale. Es wird davon ausgegangen, dass sie sich aus dem kilikischen Grenzland über die Steppen im Westen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zwischen 155 und 160 n. Chr. in den Kaukasus bewegten. Wissenschaftler schlagen eine Verbindung zwischen Hunnen und Türken vor, jedoch gibt es dafür keine Beweise. Die Hunnen unterwarfen die Alanen (3), die entlang des Dons siedelten, und die Goten unter Ermenrich während der Regierungszeit von Kaiser Valens. Sie zwangen einen Teil der Goten und ihre Verbündeten zur Flucht an die Donau, die diese überquerten, worauf sie begannen, sich an der Grenze zu den römischen Provinzen anzusiedeln. Prozesse einer Entvölkerung und Neubesiedlung in Bereichen von Hunnen ähnlichen ethnischen Gruppen entwickelten eine hunnische Herrschaft, die unverändert bis zur ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. standhaft blieb. Die Hunnen, die im römischen Hoheitsgebiet siedelten, blieben weiterhin einer einfachen nomadischen Lebensform mit nomadischer Viehzucht treu. Im frühen 5. Jahrhundert n. Chr. siedelten Hunnen an der Nordküste des Schwarzmeeres und auf der Krim. Sie praktizierten saisonale Weidenwirtschaft. Eine Reihe von Gräbern mit Steinen in verschiedenen Grössen und mit Erde bedeckt enthielten Überreste von menschlichen und tierischen Verbrennungen mit Beigaben von Waffen, darunter Schwerter, Pfeilspitzen und Pferdegeschirr.

    - Weitere Informationen über die Hunnen siehe „
    Hunnen – 4. Jahrhundert n. Chr. bis 6. Jahrhundert n. Chr.“

  • (3) Alanen: Weitere Informationen über die Alanen – 2. Jahrhundert v. Chr.
    bis 13. Jahrhundert n. Chr.

Mit dem Einsetzen von Einfällen germanischer Stämme in die nordalpinen Provinzen des Römischen Reiches ab Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. verdrängten östlich des Rheins und südlich der Donau germanische Einflüsse mehr und mehr die gallisch-römische und norisch-pannonische Kultur (norische = alpine Kultur). Im Bereich der Provinz Pannonien können sich letzte Reste der norisch-pannonischen Kultur noch wenige Jahre halten, verschwinden jedoch spätestens zu Beginn des 5. Jahrhunderts mit der endgültigen Einnahme der römischen Provinz Pannonien durch die Hunnen. In der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts erreichen erste Gruppen von germanischen Stämmen die Nordküste des Schwarzmeeres. Gotische Stämme folgen darnach und halten das gesamte Gebiet im Norden und Nordwesten des Schwarzmeerraumes besetzt. Hier entwickelten sich zwei getrennte Kulturen: die der Greutungen oder östlichen Goten (Ostgoten) und die der Terwingen oder westlichen Goten (Westgoten). Die unterschiedliche Entwicklung ist deutlich anhand von handgemachter Keramik, einem morphologischen metallischen Kunsthandwerk und vor allem an den Bestattungsriten zu erkennen. Einflüsse kamen auch von lokalen Stämmen der Sarmaten und Daker (thrakisches Volksiehe Karte und die obige Erklärung) sowie von früheren Zuwanderern aus archaischen Kulturen, die entlang der Nordseeküste siedelten. Die Tschernjachow-Kultur in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. wurde auf grossen Friedhöfe mit typischen Doppelbestattungen gefunden. Die Siedlungen enthalten Kunsthandwerk verschiedenster Formen, darunter Kunstschmiedearbeiten, feine Drehscheibenkeramik mit morphologischen Verzierungen, Glasobjekte mit karierten Muster, Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, Frauenkostüme und persönliche Schmuckgegenstände wie Knochenkämme, Ketten mit Anhängern und Amuletten. All dies zeigt einen typisch orientalischen Einschlag. Ähnliche Eigenschaften dieser Siedlungen waren auch in der Ukraine zu finden, die Hütten waren längs und parallel in Reihen angeordnet. Somit war eine Verbindung über die Wasserstrassen möglich. Die Landwirtschaft war gut entwickelt, Gerste, Hirse und Hafer scheinen so gesät worden zu sein, dass man sie im Spätsommer ernten konnte. Auch nomadisch beeinflusste Viehzucht spielte eine wichtige Rolle in ihrer Wirtschaft. Saisonale Wanderungen mit der Suche nach besseren klimatischen und geographischen Bedingungen für grosse Herden waren notwendig. Die Gemeinden nutzten ihre Kenntnisse über das Land, um die besten Routen für ihre Viehwanderungen zu markieren und geeignete Gebiete für saisonale Siedlungen aufzusuchen. Übrigens hatten das die germanischen Völker mit den isolierten Gruppen der Alanen und Sarmaten gemeinsam: eine Entwicklung sesshafter Dörfer mit gemischter Bevölkerung, die entlang der nördlichen Küste des Schwarzmeeres verstreut waren. Eine zweite Gruppe von Alanenstämmen zog südlich auf die Krim, während ein Kern seinen halbnomadischen Status beibehalten konnte und nur beschränkt Routen mit periodischen Wanderungen vollzog. Sie hielten sich in einem schmalen Streifen am Dnjestr im Westen und an der Donau im Osten auf. Dies weist Parallelen zu einer gotischen Migration aus der baltischen Region auf.

Bedeutende Ereignisse, sowohl historisch als auch kulturell, traten ein, wie archäologische Untersuchungen in einer Reihe von Dörfern zu erkennen gaben, die wahrscheinlich der Tschernjachow-Kultur zugeordnet werden können, wie Stammzellen bezeugen. Ausserdem wurden bei Ausgrabungen Überreste unterirdischer Wohnungen mit ungebrannten Tondächern gefunden. Die Bevölkerung praktizierte eine halbnomadische Lebensweise mit Landwirtschaft, Viehzucht, Metall- und Keramikverarbeitung. Eine Reihe von Ausgrabungen auf Friedhöfen haben unterschiedliche Gräber mit Menschenbestattungen von Alanen und sarmatischen Stämmen und Brandbestattungen von germanischen Stämmen freigelegt. Solche Ergebnisse bestätigen, dass in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. ein Zusammenleben verschiedener Stämme mit eigenen Bestattungsriten und Bräuchen bestand. So wurde auch jede Menge Kunsthandwerk von Alanen gefunden, die sich in der Krim niederliessen und entlang der Nordküste des Schwarzmeeres verstreut gemischte Siedlungen bildeten. Dieses Kunsthandwerk könnte ein Indikator dafür sein, dass die beiden unterschiedlichen Völker eine mehrheitlich sesshafte Lebensweise betrieben und den Erwerb durch handwerkliche Fähigkeiten aufrecht hielten. Es wurde eine grosse Anzahl von Produkten gefunden: oval gewölbte Schnallen, Miniaturglocken, Pferdegeschirr, Messer, Karneolhalsketten, mit polychromatischem Glas gefüllte Glücksbringer und Töpfe. Die Verwendung von dunklen Tongefässen und Doppelkegelkeramik war ursprünglich eine germanische Tradition. Gefunden wurden auch verschiedenen Formen römischer Amphoren, und lokale Imitationen waren üblich.



- Wanderung germanischer Stämme
- Uebersicht der Stämme der Germanen siehe: Karte 1 und Karte 2

Anfangs waren es die Sueben, deren Tradition und Erscheinung für die ethnografische Wahrnehmung und Beschreibung zahlreicher germanischer Stämme in der antiken Welt bestimmend wurden. Später lag diese Dominanz bei den gotischen Stämmen. In der Spätantike wurde der Germanenbegriff weiterhin nur für die auf germanischem Gebiet siedelnden Stämme gebraucht, die wandernden (ostgermanischen) Grossstämme traten unter einer eigenen Identität auf (Goten, Vandalen usw.). Die Skandinavier wurden schon nicht mehr zu den Germanen gezählt.

Viele Historiker sehen die Markomannenkriege als die Vorboten der grossen Völkerwanderung. Ausgelöst wurde der zunehmende Bevölkerungsdruck auf die römischen Grenzen wohl durch die Wanderung der Goten zum Schwarzen Meer und die der Vandalen in Richtung Donau. Die Ursachen für diese aufkommende Wanderbewegung germanischer Stämme konnten bisher nicht geklärt werden, denkbar wären z.B. Hungersnöte.

Der Name Germanen galt zunächst für kleine Völker im belgisch-niederrheinischen Bereich beiderseits des Rheins. Diese Völker befanden sich vor Caesar noch ausserhalb des Horizonts der antiken Beobachter und wurden, als man von ihnen erfuhr, zunächst für Kelten gehalten (
siehe Karte 1 und Karte 2).

Kelten und Gallier: Der Begriff Gallier ist ein Oberbegriff für die keltischen Stämme auf dem Gebiet Galliens (das heute in etwa Frankreich, Belgien und dem Schweizer Mittelland entspricht - siehe Karte).

Erschwert wird die Bestimmung durch das fast vollständige Fehlen von Schriftzeugnissen der als keltisch angenommenen Kulturen aus der Zeit vor der Romanisierung ihrer Siedlungsgebiete. So erschliessen sich Kenntnisse über die frühen keltischen Kulturen hauptsächlich über archäologische Funde und einzelne allgemein gehaltene Berichte griechischer und römischer Chronisten. Die älteren Informationen über die Kultur und Handelsbeziehungen der Kelten stammen aus den überaus reich ausgestatteten Hügelgräbern der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit (siehe Karte 1 und Karte 2). Diese so genannten Prunk- oder Fürstengräber sind Grabstätten gesellschaftlich hochgestellter Toter und enthalten meist reiche Grabbeigaben. So wurden zum Schreiben neben eigenen Schriften des Gallischen, Keltiberischen und Lepontischen auch die iberische, etruskische und lateinische Schrift verwendet.

Die Druiden bildeten eine intellektuell und religiös hochgebildete Oberschicht des keltischen Gesellschaftssystems.

Als gesichert kann dagegen gelten, dass die Kelten nie eine geschlossene Ethnie, das heisst, ein geschlossenes Volk bildeten (Ethnogenese), allenfalls kann von zahlreichen unterschiedlichen ethnischen Gruppen mit ähnlicher Kultur gesprochen werden. Allerdings gibt es zu dieser Zeit auch keine germanische Nation, sondern nur germanischsprachige Stämme, die kulturelle Gemeinsamkeiten hatten, die auch Vertreter fremder Völker bezeichnet, wie zum Beispiel Tacitus in der „Germania“ beschreibt. Die keltische Sprache bildet eine eigene indogermanische Sprachgruppe, während die Archäologie in den keltischen Stämmen in Mitteleuropa vom Norden Spaniens bis nach Böhmen kulturelle Gemeinsamkeiten während der mittleren und jüngeren Eisenzeit (zwischen 800 und etwa 50 v. Chr.) sieht. Die Kelten werden mit der Hallstattkultur und der Latènekultur in Zusammenhang gebracht. Die kontinuierliche Entwicklung aus den ansässigen bronzezeitlichen Kulturen Mitteleuropas, insbesondere der spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur ist – entgegen allen früheren Mutmassungen – heute zweifelsfrei belegt. Benannt sind sie nach dem Gräberfeld von Halstatt am Hallstätter See in Österreich und dem Fundort La Tène am Neuenburgersee (
siehe Karte der Hallstatt- und der Latènekultur).

  • Die Helvetier waren ein keltischer Volksstamm, der im 1. Jahrhundert v. Chr. im heutigen
    Schweizer Mittelland sowie in Südwestdeutschland siedelte. Die helvetischen Stämme der Tiguriner und der Tougener traten mit dem Beutezug der Kimbern 107 v. Chr. in die Geschichte ein. Die Helvetier werden vor allem in den Berichten von Julius Cäsar über den Gallischen Krieg erwähnt (siehe Karte
    Galliens zur Zeit Cäsars 58 v. Chr.). Nach dem Abzug der Römer im 5. Jahrhundert wurden die Helvetier ein wichtiger Bestandteil der eingewanderten Alemannen und nahmen deren Dialekte an. Die Gräberfunde aus der Latènezeit weisen darauf hin, dass damals das Schweizer Mittelland zwischen Lausanne und Winterthur besiedelt war. Schwerpunkte lagen im Aaretal zwischen Thun und Bern, im Gebiet zwischen der Limmat bzw. dem Zürichsee und Reuss. In den Alpen war das Wallis offenbar relativ stark besiedelt, im Tessin die Gegend um Bellinzona und Lugano. Keltische Oppida (Befestigungen, Schanzanlagen) auf dem Gebiet der heutigen Schweiz lagen fast alle an oder in der Nähe der damals schiffbaren Flüsse (siehe Karte „Keltische und rätische Besiedlungen der heutigen Schweiz“).

Archäologisch reichte die weiteste Ausbreitung der materiellen keltischen Kultur von Südengland, Nordspanien und Frankreich im Westen bis nach Westungarn, Slowenien und Nordkroatien im Osten; von Oberitalien im Süden bis zum nördlichen Rand des Deutschen Mittelgebirges. Daneben existieren einzelne latènezeitliche Funde auf dem gesamten Balkan bis nach Anatolien. Diese Funde sind auf die im 4. Jahrhundert v. Chr. einsetzenden keltischen Wanderungen zurückzuführen. Die Einbeziehung Südostenglands in das Verbreitungsgebiet der archäologisch als keltisch bezeichneten Kultur ist umstritten. Die dortigen archäologischen Funde der mittleren und späten Eisenzeit (ca. 600 v. Chr. bis ca. 30 v. Chr.) weisen regionale und lokale Eigenheiten auf, die sich stark von den zeitgleichen kontinentalen Funden unterscheiden. Daneben existierte als Folge der keltischen Wanderungen ab dem späten 4. Jahrhundert v. Chr. ein Siedlungsgebiet der Galter in Anatolien (heutige Türkei). Im nordspanischen Galizien fanden sich ebenfalls einige latènezeitliche Fibeln, doch kann dort nicht von einem geschlossenen keltischen Kulturhorizont im Sinne der Latènekultur die Rede sein. Im Süden grenzte das keltisch geprägte Gebiet Mitteleuropas anfangs noch an den etruskischen (1), im Osten und Südosten an den griechischen, den thrakischen und den skythischen Kulturbereich an. Grosse Teile dieser Gebiete gingen später im Römischen Reich und dessen Kultur auf. Nördlich des keltischen Einflussgebietes waren germanische Stämme ansässig. Zu allen genannten Kulturen unterhielten die Kelten intensive kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen.
Aufgrund antiker Schilderungen in römischen und griechischen Quellen darf man jedoch von einer hochentwickelten Kulturtechnik der exakten Weitergabe mündlichen Wissens im Bereich der keltischen Stämme ausgehen. Wohl aus kultischen Gründen scheinen die Kelten bewusst auf schriftliche Aufzeichnungen weitgehend verzichtet zu haben. Aus Funden der Spätlatènezeit kann auch auf eine zunehmende Schriftkundigkeit der keltischen Oberschicht geschlossen werden. Die grösste Ausbreitung erreichten die keltischen Stämme um 200 v. Chr. Im Nordwesten ihrer Siedlungsgebiete, d.h. im weitesten Sinne im Bereich des nördlichen, rechtsrheinischen Mittelgebirges, verschwand die keltische Kultur nach und nach während des 1. Jahrhunderts v. Chr., wohl als Folge des Vorrückens germanischer Stämme nach Süden.
  • (1) Die Etrusker (lateinisch Etrusci, Eigenbezeichnung Rasenna) waren ein antikes Volk, das im nördlichen Mittelitalien im Raum der heutigen Regionen Toskana, Umbrien und Latium siedelte. Die etruskische Kultur ist in diesem Gebiet zwischen 800 und 100 v. Chr. nachweisbar. Nach der Eroberung durch die Römer (300 bis 90 v. Chr.) gingen die Etrusker im Römischen Reich auf. Die etruskische Kultur hat sich zwar erst auf dem Boden Entruriens entwickelt, unklar bleibt jedoch, ob die Bevölkerungsmehrheit erst unmittelbar vor dem Entstehen jener Kultur eingewandert ist und woher die etruskische Sprache kam, die ein wesentlicher Baustein der etruskischen Kultur wurde. Schon im Altertum waren dazu verschiedene Hypothesen bekannt: Der Einwanderungstheorie nach stammen die Etrusker aus dem kleinasiatischen Lydien (Herodot) und sind nach dem Jahr 1000 v. Chr. in das Gebiet der heutigen Toskana eingewandert.
    Die heutige Etruskologie fragt nicht mehr nach der Herkunft der Etrusker, sondern nach deren Entstehung als Volk. Dabei geht man von einer altmediterranen Volksschicht aus, die bis um 1000 v. Chr. eine sesshafte Bauernkultur entwickelte, in die fremde Volkselemente sowohl aus dem Osten (phönizische Seefahrer) als auch aus dem Norden (indoeuropäische Italiker) eindrangen. Auf diese Weise entstand die Villanovakultur. Diese Bevölkerung wurde durch eine sehr dünne Schicht von Einwanderern aus Kleinasien (Tyrrhener) überlagert. Aus der Vermischung mit der lokalen Bevölkerung entwickelte sich das etruskische Volk.

Als ältester Beleg für das Wort „Germanen“ gelten die „fasti triumphales“ im Jahr 222 v. Chr. Dort wird der Sieg des Marcus Claudius Marcellus bei Clastidium „de Galleis et Germaneis“ genannt. Damals bezeichnete man offenbar die Gallier nördlich der Alpen als Germanen. Plinius der Ältere nennt in seiner „Natualis historia“ Germanen in den Alpen. In Rom wurden die in Mitteleuropa lebenden Völkerschaften also noch lange nicht als Germanen bezeichnet. Erst in der späteren römischen Literatur wurde der Beginn der römisch-germanischen Konfrontation mit dem Kimbereinfall (siehe Karte) in Verbindung gebracht. Zur Zeit ihres Auftretens wurden die Kimbern (1) noch nicht als Germanen identifiziert. Plutarch selbst prägte die Bezeichnung „Germanen“ für die Kimbern. Überwiegend wurden die Kimbern aber für Kelten gehalten. Gemeinsam mit den Teutonen (2) und Abronen zogen sie um das Jahr 120 v. Chr. aus ihrem Siedlungsgebiet im Norden Mitteleuropas nach Süden (Kimberkriege). Die antiken Quellen geben eine Sturmflut als Ursache für die Auswanderung der Kimbern, Teutonen und Ambronen an. Doch vermutlich kamen Klimaveränderungen hinzu. Nach einer Wärmephase zwischen 2000 und 800 v. Chr. kühlte sich das Klima in Nordeuropa ab. Als Folge davon kam es zu Ernteausfällen und Hungersnöten, die die Bevölkerung dazu zwang, nach fruchtbarem Land zu suchen. Ihr Zug nach Süden führte sie nach Böhmen, wo sie auf die Boier (3) gestossen sein müssen, nach Schlesien und Mähren, dann ins Gebiet der Skordisker (4) im Donau-/Savegebiet und schliesslich in die Ostalpen, wo Noriker (5) und Taurisker (6) ansässig waren. Im Jahre 113 v. Chr. trafen Kimbern, Teutonen und Ambronen in der heutigen Steiermark zum ersten Mal auf Römer. Darauf zogen die Kimbern, Teutonen und Ambronen über Helvetien nach Gallien, wo sie im Jahre 109 v. Chr. nahe der italienischen Grenze wiederum siegreich waren. Eine mehrere Jahre dauernde Wanderung nach Westen brachte die Stämme bis auf die Iberische Halbinsel.

  • (1) Kimbern (auch Cimbern geschrieben, lateinisch: Cimbri) waren ein germanischer Volksstamm, der vermutlich aus dem nördlichen Jütland (Kimberland, dem heutigen Himmerland in Dänemark - siehe Karte) stammte.
  • (2) Die Teutonen (lateinisch: Teutones oder Teutoni) waren nach römischen Quellen ein germanisches Volk der Antike, das ursprünglich im heutigen Jütland lebte. Die Teutonen wanderten um 120 v. Chr. gemeinsam mit den Kimbern aus Jütland aus und zogen bis nach Italien (siehe Kimbernkriege)
  • (3) Die Boier (Boii, Bojer) waren ein keltischer Stamm in Mitteleuropa. Die ursprünglich aus dem Rhein-Main-Donau-Gebiet stammenden Boier siedelten im Gebiet der heutigen Staaten Tschechien, Slowakei, Ungarn, Österreich bis zum Balkan und in Oberitalien. Die italienischen Boier wurden nach 200 v. Chr. romanisiert und die nördlichen Boier zur Zeitenwende durch die Markomannen assimiliert (die Markomannen gehörten zu den Sueben und siedelten zunächst an der Elbe) – (siehe Karte der Hallstatt- und der Latènekultur).
  • (4) Skordrisker fielen im 3. Jahrhundert v. Chr. in Griechenland ein und liessen sich nach der Niederlage bei Delphi 279 v. Chr. schliesslich östlich von Sirmium, am Zusammenfluss von Donau und Save nieder. Bei Belgrad legten sie ein Oppidum (eine Schanze) an. Sie spielten eine bedeutende Rolle bei der Besiedlung Transdanubiens. Strabo unterschied die benachbart siedelnden Grossen Skordisker und die Kleinen Skordisker, die sich mit der dort ansässigen Bevölkerung (Illyrer und Daker) vermischt haben sollen, was durch die archäologischen Funde bestätigt wird.
  • (5) Die Noriker (lat. Norici) waren ein keltischer oder stark keltisierter alteuropäischer Stamm im Königreich Noricum (Regnum Noricum) bzw. der späteren gleichnamigen römischen Provinz.
  • (6) Die Taurisker, lat. Taurisci (taur = keltisch für Berg), waren vom 3. bis 1. Jahrhundert v. Chr. ein keltischer Stammesverband am Ostalpenrand, dessen Siedlungsgebiet meist auf Kärnten und Slowenien eingegrenzt wird.

Der moderne Germanenbegriff setzt auf der Begriffsbildung Caesars auf. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Germanen weithin als „Volk“ verstanden, das Volkstum wurde an der Sprachentwicklung wie der Lautverschiebung festgemacht. Auch der archäologische Germanenbegriff ging vom sprachwissenschaftlichen Germanenbegriff aus: Weil sich der „Volksgeist“ auch in seinen materiellen Schöpfungen ausdrückt, wurden archäologische Fundtypen beständigen Kulturgruppen dann zugeordnet, wenn eine durchgehende Besiedlung nachgewiesen werden konnte und diese mit den antiken Quellen vereinbar war. So setzte der archäologische Germanenbegriff den sprachwissenschaftlichen voraus und dieser den in der antiken Literatur. Der antike Germanenbegriff umfasste schon aus geografischer Unkenntnis heraus den skandinavischen Raum nicht, schloss aber die im Ostseeraum siedelnden Suebenstämme ein. Er wurde in der Zeit des Humanismus beherrschend. Der humanistische Germanenbegriff wurde im 19. Jahrhundert mit dem romantischen Volksbegriff zusammengebracht und fand über die „Volksgeistlehre“ Eingang in die Germanenideologie.

Eine indogermanische Ethnizität früher nord- und mitteleuropäischer Kulturen wie der Ackerbau betreibenden Trichterbecherkultur ab ca. 4000 v. Chr., die zwischen (ca. 3500 bis 2800 v. Chr.) zu einer sekundären Megalithkultur wurde, ist kaum begründbar. Auch die Gleichstellung der Kultur mit Schnurkeramik (ca. 2800 bis 2200 v. Chr.), auch Streitaxtkultur genannt, mit späteren als germanischen nachweisbaren Kulturen ist umstritten.

Am ehesten waren die Träger dieser Kultur jedoch die Vorfahren indogermanischer Sprachengemeinschaften. Die Zugehörigkeit des Nordischen Kreises (Nordische Bronzezeit, ca. 1800 bis 500 v. Chr.) zu vorgermanischen Kulturen gilt als relativ sicher. Der Norden der Mark Brandenburg lässt sich dieser Kultur zuordnen, Südbrandenburg, Sachsen und Polen dagegen der
Lausitzer Kultur, die von einigen Autoren als slawisch angesehen wird. Die westlich daran anschliessende Jastorfkultur scheint die Expansion einer frühen germanischen Kultur und ihre Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung widerzuspiegeln; z. B. geht die im Nordwesten Deutschlands gelegene früheisenzeitliche Nienburger Kultur in der Jastorfkultur auf. Da eine Einwanderung in das Gebiet des Nordischen Kreises seit der Bronzezeit nicht nachweisbar ist, wird angenommen, dass dort bereits zu dieser Zeit (zumindest teilweise) germanisch gesprochen wurde. Übrigens, eine Abwanderung in der Eisenzeit ist nachgewiesen (siehe Karte der Kulturen der frühen Eisenzeit).

Heute geht man davon aus, dass die Vorläufer der germanischen und der keltischen Sprachen eine Dialektgruppe innerhalb der indogermanischen Sprachen bildeten, es jedoch im 2. Jahrtausend v. Chr. zu einer räumlichen wie sprachlichen und kulturellen Trennung kam. Gemeinsamkeiten blieben im phonetischen System. Keltische Entlehnungen in den Lexika des Germanischen beruhen auf dem wieder auftretenden kulturellen Kontakt in der Eisenzeit um und vor 500 v. Chr. Insbesondere betreffen diese das Wortmaterial aus der Sphärenherrschaft, den Handel und die Produktion von Waren.

Die älteste umfassend schriftlich belegte germanische Inselsprache ist die gotische Sprache. Die teilweise zeitlich früher festsetzbaren sprachlichen Zeugnisse aus den sehr kurzen und teilweise schwer deutbaren Runeninschriften oder zeitlich zuvor aus Personennamen, Ortsnamen, sowie anderen Begrifflichkeiten in antiken Quellen festgehalten, bestehen im Gegensatz zum Gotischen aus einzelnen unzusammenhängenden Nennungen. Eigenschriftliche germanische Zeugnisse setzen um 200 n. Chr. mit den ältesten urnordischen Runeninschriften ein. Die Runen wurden hauptsächlich als kultische Zeichen benutzt, was die sehr kurzen und formelartigen Gestaltungen und Lautungen in Waffen (Lanzenspitzen, Schwerter) oder Fibeln bezeugen. Die bekanntesten Schriftträger sind die monumentalen skandinavischen Runensteine. Die namentlichen Bezeichnungen der einzelnen Runen sind durch Runengedichte überliefert. Die erste eigentliche Form einer entwickelten germanischen Schriftsprache sind die gotischen Schriften. Die Goten nutzten, ursprünglich wie andere Stämme und Völker, die gemeinsame
Runenschrift (1) und ritzten diese ebenso in Gegenstände aus Holz und andere Materialien.

Die älteste überlieferte Runenreihe (nach den ersten sechs Buchstaben „Futhark“ genannt) bestand aus 24 Zeichen, die in drei Abschnitten (später im Altnordischen als „aettir“ bezeichnet) eingeteilt waren. Sie war anfangs nur bei nordgermanischen Stämmen, in der Völkerwanderungszeit vereinzelt auch bei Ostgermanen (vor allem bei den Goten) ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. und den Westgermanen ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. in Verwendung. Gut 350 Inschriften in dieser ältesten Runenreihe wurden bislang entdeckt. Alle jüngeren Runenreihen ab etwa 700 n. Chr. leiten sich vom älteren Futhark ab (
siehe Runen).

  • (1) Als Runen bezeichnet man die alten Schriftzeichen der Germanen. Der Sammelbegriff umfasst Zeichen unterschiedlicher Alphabete in zeitlich und regional abweichender Verwendung. Viele der alten Kulturen hielten ihre Schrift (selten aber ihre Sprache!) für Erfindungen oder das Geschenk Gottes. Zweifellos waren auch die Runen, zumal in ältester Zeit, mit sakralen und religiösen Zwecken verbunden (Grabinschriften, Opferzeichen an Götter, in Amuletten etc.). Runen können einerseits als Zeichen für jeweils einen Laut geschrieben werden (Alphabetschrift), andererseits als Zeichen für die jeweiligen Begriffe stehen, deren Namen sie tragen. Daneben können sie Zahlen darstellen oder als magisches Zeichen verwendet werden. Abgesehen von einer kurzen Phase im hochmittelalterlichen Skandinavien wurde die Runenschrift nicht zur Alltagskommunikation verwendet, und die Zeichenformen entwickelten sich nicht auf eine flüssige Gebrauchsschriftlichkeit ausgerichtet. Runen waren vom 2. bis zum 14. Jahrhundert n. Chr. überwiegend für geritzte und gravierte Inschriften auf Gegenständen und auf Steindenkmälern in Gebrauch. Ihre Verbreitung zeigt von Anfang an einen deutlichen Schwerpunkt in Südskandinavien (einschliesslich Jütlands). In den anderen Siedlungsräumen germanischsprachiger Völker ist nur eine dünne Streuüberlieferung zu finden, die ausserdem mit dem jeweiligen Einzug des Christentums zum Ende kommt. Die Christianisierung Nordeuropas hatte flächendeckend den Wechsel zur lateinischen Schrift zur Folge. Die Verwendung von Runen endete in Mitteleuropa vor 700 n. Chr. und in England im 10. Jahrhundert. Nur in den nordischen Ländern hielt sich der Gebrauch der Runenschrift bis ins 15. Jahrhundert. Die Runeninschriften in der Landschaft Dalarna in Mittelschweden, die bis in das 19. Jahrhundert reichen, entstammen einer Tradition von Gelehrten und zeugen nicht für eine lebendige Verwendung als Schriftsystem. Runen wurden vor allem für Inschriften zum Gedenken an Verstorbene oder an besondere Ereignisse, zur Weihe oder zum Verschenken von Gegenständen, als Besitzerangaben und als Münzinschriften verwendet. Die Runen sind vermutlich weder unabhängig entstanden, noch sind sie von den Germanen als fertiges Schriftsystem übernommen worden, sondern wurden weitgehend eigenständig nach Vorbildern südeuropäischer Schriften entwickelt. Sie treten allerdings schon sehr früh als komplettes Alphabet mit 24 Buchstaben auf. Vor allem die lateinische Schrift, aber auch die zahlreichen vom Lateinischen verdrängten und untergegangenen Schriften im keltisch-alpinen-italienischen Raum kommen als Vorbilder in Betracht. Runen gehen damit – sowohl in ihrem Prinzip einer Buchstabenschrift als auch in Form vieler Lautzeichen – letztlich auf die grosse phönizisch-aramäische Schriftenfamilie zurück, die im 1. Jahrtausend v. Chr. auf dem Gebiet des Libanon und Syriens entstand und zu der auch alle heutigen europäischen Schriften gezählt werden.

    Die aramäische Schrift wurde von den Aramäern um 900 v. Chr. aus der
    phönizischen Schrift entwickelt und bildete den Grundstock für die meisten anderen semitischen Schriften. Sie war im Raum von Kleinasien bis Indien verbreitet. Zur Verschriftlichung nutzt man heutzutage Abkömmlinge der Schrift (hebräisch, syrisch oder mandäisch).

    - Siehe zum Beispiel das
    phönizische, das sogdische und das mandäische Alphabet.

  • (2) Es gibt drei Thesen zur Entstehung der Runenschrift, die vertreten werden:

    - Das Vorbild der Runen soll ein
    nordetruskisches Alphabet sein bzw. eines aus dem Kreis der zahlreichen verschiedenen Alphabete Norditaliens und des Alpenraums (4. bis 1. Jahrhundert v. Chr.). Alle diese Alphabete sind, wie auch die lateinische Schrift, ihrerseits Abkömmlinge des westgriechischen Alphabets (griechischer Kultureinfluss durch Händler und Kolonien in Italien ab dem 7. Jahrhundert v. Chr.). Von kulturgeschichtlicher Seite ist diese These jedoch schwer zu untermauern, denn sie impliziert, dass die Runenschrift sich im norditalienischen, westalpinen oder norischen Raum (1) im 1. Jahrhundert v. Chr. oder im 1. Jahrhundert n. Chr. herausgebildet haben müsste (wo es jedoch keine Spuren von ihr gibt) und dann bis gegen 200 n. Chr. bis in den Norden Germaniens verbreitet worden wäre, wo sie zuerst ins Licht der Geschichte tritt.
    (1) Der Begriff Norische Alpen (Alpes Noricae) entstammt der Römerzeit und bezeichnet die Berge der Provinz Noricum im Tirol und Bayern.

    - Die
    Lateinische Schrift ist eine Schwesterschrift der italischen Alphabete und weist daher einige übereinstimmende Buchstabenformen auf. Im Gegensatz zu den Regionalschriften setzte sie sich mit der Grossmacht Rom überregional durch und wurde als Verwaltungsschrift bis in alle Winkel des römischen Imperiums verbreitet. Demnach hätten germanische Stämme selbst im abgelegenen südskandinavischen Raum, der selbst nie zum Römischen Reich gehörte, durch Kontakte mit der römischen Kultur (über Händler, Geiseln, Söldner, Besucher etc.) die lateinische „Capitalis Monumentalis“ der Kaiserzeit kennen gelernt und davon angeregt eine eigene Schrift entwickeln können. Für diese These sprechen einzelne Übereinstimmungen von Zeichenformen (die jedoch auch einfach auf den gemeinsamen phönizischen Ursprung der Schriftsysteme zurückgeführt werden könnten). Viele Runologen gehen heute von der Lateinthese aus.

    - Nur mehr wissenschaftsgeschichtlich relevant sind mehrere Versuche, die Entstehung der Runen den
    Goten im Schwarzmeergebiet (heutige Ukraine) zuzuschreiben. Vorbild soll hier entweder die im 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. entstandene ostgriechische Minuskelschrift oder ein archaisches griechisches Alphabet des 6. Jahrhunderts v. Chr. gewesen sein. Auch aus sprachhistorischen (linguistischen) Gründen scheidet diese Auffassung aus: Die älteste Runenreihe spiegelt eindeutig nordgermanische bzw. noch gemeingermanische und keine bereits ausdifferenzierten ostgermanischen Lautverhältnisse wider.

- Germanische Stämme:

  • Nordseegermanen: Angeln, Chauken (die später im Grossstamm der Sachsen aufgehen), Friesen, Warnen.

  • Rhein-Weser-Germanen: Angrivarier, Bataver, Brukterer, Chamaven, Chatten, Chattuarier, Cherusker, Sigambrer, Sugamverer, Tenkterer, Ubier, Usipeter. Eventuell wurden diese Völker erst später germanisiert. Aus den am Rhein ansässigen Stämmen geht im 3. Jahrhundert der Grossstamm der Franken hervor. Die Stämme an der Weser, wie die Angrivarier und die Cherusker, schlossen sich dagegen den Sachsen an.

  • Sueben (auch swebische bzw. elbgermanische Gruppen), bestehend aus Hermunduren, Langobarden, Markomannen, Quaden, Semnonen und vielleicht (umstritten) den Bastarnen: Aus ihnen ging im 3. Jahrhundert vor allem der Grossstamm der Alamannen hervor, dazu bildeten v.a. die Markomannen durch Vermischung mit anderen Stämmen und Volksgruppen den Grossstamm der Bayern, die Hermunduren den der Thüringer. Ein Teil der Sueben überquerte zusammen mit Alanen und Vandalen um 406 n. Chr. den Rhein und wanderte mit ihnen 409 n. Chr. in Hispanien ein. Dort bildeten sie im Nordwesten das Reich der Sueben, das die Grundlage des späteren Staates Portugal bildete. Die Langobarden, nach denen die Lombardei benannt ist, nahmen ebenfalls andere germanische Gruppen in ihren Stamm auf und gründeten zuerst in Pannonien und 568 n. Chr. nach der Eroberung in Italien ein Reich.

  • Nordgermanen bzw. Ostseegermanen auf der jütischen Halbinsel und im südlichen Skandinavien: Ästier, Suionen (Schweden). Zu den Nordgermanen werden auf Grund sprachlicher Indizien die skandinavischen Stämme gerechnet. Einen Übergangsbereich zu den Nordseegermanen bilden die Angeln und die Jüten. Aus ihnen gingen später die Dänen, die Schweden und die südlichen Norweger hervor. Inwieweit die übrigen Norweger und Isländer hinzuzurechnen sind, hängt vom Germanenbegriff ab. Archäologisch werden die Nordgermanen in die ost- und die westnordische Gruppe unterteilt.

  • Oder-Warthe-Germanen: Burgunden, Lugier, Vandalen. Archäologisch werden sie der Przeworsk-Kultur (im südlichen Polen) zugeordnet.

  • Weichselgermanen: Bastarnen, Gepiden, Gotonen, Rugier, Skiren. Archäologisch werden sie der Wielbark-Kultur (Willenbergkultur) zugeordnet, deren Vorgänger die Oksywie-Kultur (Oxhöftkultur) war. Nachdem die Wielbark-Kultur in den Raum südlich der Ostsee expandiert hatte, verlagerte sie sich nach Südosten, wo sie in die Tschernjachow-Kultur des 2. bis 5. Jahrhunderts n. Chr. überging.

Die zur Zeit der Völkerwanderung weit wandernden germanischen Stämme gehörten vor allem zu den Ostgermanen, z. B. die Burgunden, Gepiden, Goten, Langobarden und Vandalen. Ihre Reichsgründungen hatten jedoch keinen dauerhaften Bestand; die ostgermanischen Sprachen sind heute ausgestorben. Die westlich der Elbe lebenden Stämme – z.B. die Franken, Sachsen und Angeln – waren vergleichsweise sesshaft. Ebenso die Nordgermanen, die erst im Mittelalter zur Zeit der Wikinger unter anderen Bedingungen ausgedehnte Wanderungstätigkeiten entwickelten. Ihre Sprachen (westgermanische und nordgermanische Sprachen) haben sich bis heute erhalten und weiterentwickelt. In der Zeit der Völkerwanderungen gründeten Germanenstämme Reiche in Nordafrika, im heutigen Frankreich, in Italien und auf der Iberischen Halbinsel und wanderten nach Britannien. Die Germanen kannten grossteils kein Verwaltungsstaatswesen im römischen oder heutigen Sinne. Die Reiche der germanischen Stämme waren ähnlich dem Personenverbandsstaat organisiert.

- Uebersicht der Stämme der Germanen siehe: Karte 1 und Karte 2


- Zusammenfassung der damaligen antiken Welt

  • Hellenistische, byzantinische und römische Welt
  • Welt der Kelten
  • Welt der nördlichen Völker (Protogermanen)
  • Welt der Daker – Dacian
  • Welt der Waldkulturen Osteuropas und der Ostsee (Protoslawen und Urslawen)
  • Welt der Sami westlich des Urals (Fennoskandinavien)
  • Welt der nomadischen iranischen Kulturen in den eurasischen Steppen
    (Protoskythen)
  • Welt der ugrischen iranischen Kulturen im Transural, im Kaspischen Meer und
    den Waldsteppen
  • Welt der ugrischen und samojedischen Kulturen östlich des Urals in Westsibirien
© Albi – April 2012– Revidiert von Hermelinde Steiner - September 2012
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